Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Sachsen wird zum Nazi-Erlebnispark, Europa gehört den Antieuropäern und Peter Lustig fand das Fernsehen doof.

Peter Lustig in barockem Outfit vor seinem Wohnwagen.

Fernsehen sei scheiße, soll Peter Lustig mal gesagt haben. Foto: dpa

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: Vor dem Hintergrund der Flüchtlingsaufgabe ein „Solidaritätsprojekt für die deutsche Bevölkerung“ zu fordern, könnte ziemlich NPD sein, oder AfD.

Was wird besser in dieser?

SPD-Chef Sigmar Gabriel tritt bei „Stars in der Manege“ auf mit der Nummer, in jedes fallende Messer zu packen.

Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich sieht das Image des Freistaats durch fremdenfeindliche Übergriffe wie in Clausnitz nachhaltig beschädigt. Von welchem Image spricht Tillich da?

Der Klassiker „Was soll das Ausland denken“ setzt voraus, dass die Nachbarn groß herumdenken, bevor sie kotzen. Oder applaudieren. Und übersieht die interessante Frage, was zuvor jahrelang das Inland gedacht haben mag. Der Tourismus aus dem Inland ist rückläufig, doch aus dem Ausland kamen mehr Gäste. Vielleicht zaudert Tillich noch ein bisschen, was sich mehr lohnt. Dann setzen sie den Claim „Sachsen: weltoffen, Arsch offen“ und vermarkten bestimmte Regionen als Nazi-Erlebnispark.

Auf einer Konferenz in Wien haben sich Österreich und die Westbalkanländer über ihre Flüchtlingspolitik beraten – ohne Deutschland. Fühlen Sie sich diskriminiert?

Europa als Inselgruppe ist mal ’ne pfiffige Idee. Österreich scheint kurz vor der Ernennung eines Marineministers zu stehen. Die Westbalkan-Konferenz fand seit 2013 in wechselnden Besetzungen statt, mal mit, mal ohne Griechenland und Deutschland. Ursprünglich ging es um den EU-Beitritt der „Westbalkanstaaten“, und genau dort wird die Sause auch wieder auskommen: Österreich einigt sich mit sechs Nicht-EU-Ländern auf Kosten des EU-Mitglieds Griechenland.

Es gab schon schlechtere Argumente für Merkels Bestehen auf einer „europäischen Lösung“. Es ist ein perfides Armdrücken: Haben Albanien, Bosnien, Kosovo, Serbien, Mazedonien, Montenegro mehr Angst vor den Flüchtlingen – oder vor einem Nein zu ihrem EU-Beitritt? Und: Wie süß wird es aussehen, wenn Merkel und Tsipras untergehakt die EU vor Österreich verteidigen?

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán kündigte derweil ein Referendum zu den EU-Flüchtlingskontingenten an. Was soll das jetzt schon wieder?

Orbán profiliert sich als Gulaschbayer: „Machtmissbrauch“ schmäht er die EU-Politik, nicht weit entfernt von Seehofers „Unrechtsstaat“. Die Volksabstimmung soll den Juncker-Plan der EU ablehnen, Flüchtlinge nach einem ausgehandelten Schlüssel europaweit zu verteilen. Es geht also bei der Wiener Konferenz und beim ungarischen Referendum nicht mehr nur um migration management, sondern um das Europa der Antieuropäer. Vulgo Weinprobe der Anonymen Alkoholiker. Prösterchen.

Peter Lustig ist tot. Waren Sie auch „Löwenzahn“-Fan?

Peter Lustig war Verfasser einer kleinen Fibel über Filmtontechnik, das war sein erster Job. Vor der Kamera, so seine Erzählung, war sein erster Satz: „Fernsehen ist scheiße“, was immer eine gute Ausgangsidee dafür ist, es besser zu machen. Und das hat er getan. Na ja, eigentlich hat er für real existierende Großväter ganz schön die Preise versaut. Da ist nicht leicht drankommen.

US-Präsident Obama will sein Versprechen einlösen, und Guantánamo Bay schließen. Geht das noch so last minute?

Einige Gefangene würden in den sicheren Tod abgeschoben, andere fänden nirgends Aufnahme, und der Rest bekäme auf amerikanischem Boden endlich ein rechtsstaatliches Verfahren: Freispruch für jahrelang vertiert gehaltene Geiseln. Obama hat die Chance, noch mal eindrucksvoll an der republikanischen Mehrheit zu scheitern, mehr nicht. Bitter.

Beim ESC-Vorentscheid gewann Jamie-Lee Kriewitz und wird nun Deutschland in Stockholm vertreten. Wen hätten Sie gern beim ESC gesehen?

Nuller als null geht nicht. Der ESC ist die derzeit einzige europäische Einrichtung, bei der die Deutschen ordentlich mitbezahlen und jedes Mal jemand anders gewinnt. Es kann gar nicht schlecht genug sein, und das wurde bei der Auswahl einmal mehr berücksichtigt.

Nach der Niederlage gegen Donezk in der Europa League hacken alle auf Schalke herum. Wo bleibt die Empathie?

Ich fürchte, es wäre harmloser, sich offen schwul und mit Kirchentagsschal in den Ultrablock zu stellen, als zuzugeben: Schalke und Dortmund – bei Geburt getrennte Zwillinge. Lasst mich da raus.

Ja, okay. Und was machen die Borussen?

Angeblich verkaufen wir Ilkay Gündogan. Der ist in Gelsenkirchen geboren und hat mal bei Schalke gespielt. Also: Weg damit. (Okay, damit kann ich wieder in den Ultrablock.)

FRAGEN: VI, JOB

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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