Unfall von Googles selbstfahrendem Auto: Frontal in die Zukunft

Sechs Jahre dauert die Testphase des selbstfahrenden Google-Autos schon. Nun hat es einen Unfall gegeben, schuld ist die Software – oder wer?

Ein weißes Auto mit der Aufschrift "Google" auf einer Straße

Der Unfall von Mountain View zeigt nur, dass technischer Fortschritt kein Heilsversprechen ist. Foto: ap

Irgendwo, hinter den sieben Bergen im Tal der Nerds, entwickelt Google das selbstfahrende Auto. Wirklich in unserer Gegenwart angekommen ist es noch nicht, aber die Nachrichten darüber erzählen uns von der Zukunft. Wir werden uns ganz auf die Displays unserer Smartphones konzentrieren können, während unsere Autos selbsttätig unsere Ziele ansteuern – und dabei weniger Unfälle verursachen, als Menschen das tun.

Mehr als 20 robotische Automobile hält Google in seiner Versuchsflotte, die Fahrzeuge haben bis heute mehr als zwei Millionen Kilometer im automatischen Betrieb zurückgelegt. Knallte es dabei in der Vergangenheit, waren andere Verkehrsteilnehmer und damit menschliche Fahrer schuld.

Am 14. Februar ist es nun in der Nähe von Mountain View, dem Sitz des Google-Mutterkonzerns Alphabet, erstmals zu einer von der Software zumindest „mitverursachten“ Kollision gekommen.

Die Ereignisse sind an dystopischer Dramatik kaum zu überbieten. Zunächst kam der automatisierte Lexus vor einem Haufen von Sandsäcken zuverlässig zum Stehen. Als er wieder in den Verkehr einscheren wollte, stieß er mit 3 Stundenkilometern gegen einen Bus, der seinerseits mit 24 Stundenkilometern angerast kam. Der Wagen war aufgrund der vorliegenden Daten davon ausgegangen, dass der Bus anhalten würde.

„In diesem Fall“, erklärte das Unternehmen nun, „sind wir klar mitverantwortlich, denn wenn sich unser Auto nicht bewegt hätte, wäre es nicht zu der Kollision gekommen.“

Gleichwohl hätte auch der mitfahrende Testlenker den Unfall nicht verhindern können: „Unser Hilfsfahrer, der den Bus im Außenspiegel gesehen hat, erwartete auch, dass der Bus abbremst oder stehen bleibt.“ Busse und andere große Fahrzeuge seien weniger imstande, selbstfahrende Autos passieren zu lassen.

Blechernes Potenzmittel

Die Software des selbstfahrenden Autos sei diesbezüglich nach dem Unfall angepasst worden, erklärte Google. Das ist ein wenig, als würde der Unfallverursacher nach entstandenem Schaden erklären, er habe seine Aufmerksamkeit diesbezüglich angepasst. Vorausgesetzt, es handelt sich dabei nicht um einen weiteren Google-Zukunftsflop wie die „Datenbrille“, warten auf das Roboterfahrzeug noch ganz andere Hindernisse als nur Sandsäcke.

Tatsächlich hat das selbstfahrende Auto mehr Schwierigkeiten im Kofferraum als die versicherungstechnische Frage, wer die Verantwortung trägt. Der Unfallgegner? Der Fahrer, der laut gesetzlicher Vorgaben immerhin noch mit an Bord sein muss, um gegebenenfalls einzugreifen? Oder eben doch die Software, deren Lizenzgeber oder Programmierer?

In unseren Städten, die von rollenden Ellbogen (SUV) längst

kabulisiert sind, wäre die Software von Google ein Segen

Schon das Prinzip des autonomen Autos ist eine Kränkung für den Menschen, der über sein blechernes Potenzmittel bekanntlich gerne selbst verfügen möchte. Dabei „unterstützt“ der Computer als Beifahrer heute schon alle denkbaren Verkehrsmittel – vom Airbus, der ohne Rechner vom Himmel stürzte, bis zum übermotorisierten Serienmotorrad, das ohne elektronische Unterstützung nicht mehr zu bewältigen wäre.

Faszination wohnt immer da, wo Ängste und Hoffnungen gleichermaßen zu Hause sind. Unser „Höher, schneller, weiter“ wäre ohne entsprechende Software bereits am Ende. Und in Städten, die von rollenden Ellbogen (SUV) längst kabulisiert sind, wäre eine Software wie die von Google ein Segen – von selbstfahrenden Car-Sharing-Elektromobilen ganz zu schweigen. Der Unfall von Mountain View zeigt nur, dass Software auch nur Software und technischer Fortschritt kein Heilsversprechen ist.

Rolltreppen hat damals auch kein Mensch gebraucht, und heute rollen sie überall – neben der guten alten Stufentreppe.

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