Privatisierung von Natur: Den Wald kaufen und retten

Der Naturschutzbund fordert die Privatisierung großer Waldflächen - damit der Staat mit Holz kein schnelles Geld mehr machen kann. Der BUND warnt vor Investoren.

Wertvolle Ressource: Laubwald im Kreis Recklinghausen. Bild: ap

Er fordert einen "schlanken Staat", eine "Abkehr von wirtschaftlichen Tabus" und eine "langfristige Rendite". Hier spricht kein Finanzinvestor, sondern Josef Tumbrinck - langhaarig, Schnauzbartträger und Vorsitzender des Naturschutzbundes (Nabu) in Nordrhein-Westfalen. Er will die öffentlichen Wälder privatisieren. "Nur so können wir den Wald nachhaltig bewirtschaften."

Die Provokation blieb nicht ungehört. "Die Bewertung des Waldes nach der Rendite ist der falsche Weg", kritisiert Paul Kröfges, Vorsitzender des Umweltschutzverbands BUND in Nordrhein-Westfalen.

Anstoß des Streits ist das "Bürgerwaldkonzept" des Nabu, das auf einem Gutachten des Forstexperten Wilhelm Bode beruht. Bode empfiehlt die Privatisierung der staatlichen Wälder, um sie ökologisch nachhaltiger als bisher zu verwalten. Denn durch gekürzte Haushalte seien die Forstverwaltungen oft überfordert, zudem an kurzfristig profitablen Monokulturen interessiert. Außerdem würde der Wald heute zu häufig Opfer kurzfristiger politischer Entscheidungen. Im vergangenen Jahr setzte die bisherige schwarz-gelbe Landesregierung den Verkauf von rund 2.600 Hektar öffentlichen Waldes in der Eifel gegen den Widerstand von Umweltschützern durch.

"Privatinvestoren holen sich ihren Kaufpreis durch massive Abholzung schnell wieder rein, ohne daran zu denken, wie sich der Wald langfristig entwickelt", kritisiert Tumbrinck. Bode empfiehlt deshalb die Gründung einer Aktiengesellschaft. Darin soll eine "Stiftung Naturerbe NRW" eine Sperrminorität von 20 Prozent der Papiere halten und so den Raubbau an der Natur verhindern. Ziel des Unternehmens solle eine nachhaltige Waldwirtschaft sein.

Langfristig könnten durch die nachhaltige Bewirtschaftung Renditen von bis zu 4 Prozent erzielt werden, so das Gutachten. Tumbrinck stellt sich einen Streubesitz der Papiere vor. "Ab 1.000 Euro ist jeder Bürger dabei." Doch auch einen Einstieg von Pensionsfonds schließt der Naturschützer nicht aus.

Kröfges vom BUND fürchtet jedoch, dass große finanzhungrige Investoren letztlich den Ton in der Gesellschaft angeben würden. "Bis zu 2 Prozent Rendite können mit dem Holz erzielt werden. Alles, was darüber liegt, ist Raubbau."

Ebenso gespalten wie die Verbände ist die Politik. Während die umweltpolitische Sprecherin der Landes-SPD, Svenja Schulze, "wichtige Impulse" des Modells lobt, sieht deren Fachkollege Johannes Remmel von den Grünen darin "keine überzeugende Lösung". Für die künftige Landesregierung wäre das Modell zumindest finanziell lukrativ. Rund 1,1 Milliarden Euro soll der Wald kosten.

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