Offensive gegen den deutschen Spaßbetrieb

Comedy Oliver Polak hat jetzt eine eigene Show. Sein „Creepy Comedy“ Club wird regelmäßig im Musik & Frieden zu sehen sein

Polaks Comedians arbeiten gut, die jungen Leute haben ihren Spaß Foto: Miguel Lopes

von Andreas Hartmann

Warum die Schergen des IS neulich im Pariser Bataclan ausgerechnet beim Konzert der ­Eagles of Death Metal um sich schossen? „Weil sie die Band einfach scheiße fanden.“ Oder: „Ich fick gerade eine Zigeunerin. Beim Petting weißt du nie, ob sie dich oder deine Wertsachen abtastet.“ Solche Sprüche haut Oliver Polak im Rahmen seines „Creepy Comedy Club“, der jetzt regelmäßig im „Musik und Frieden“ stattfinden soll, permanent raus.

Ist Polak geschmacklos und politisch unkorrekt? Ja, ziemlich. Ist er dabei aber auch lustig? Unbedingt. Wo sich andere sogenannte Comedians aus Deutschland vorsichtig vorantasten, um mit zaghaften Grenzüberschreitungen wohlig-empörte Reaktionen beim Publikum hervorzurufen, fährt Polak politische Korrektheit mit dem Panzer über den Haufen und erschießt sie danach noch mit dem Maschinengewehr. Nach dem Auftritt seiner Kollegin Isabella Landuris auf der Bühne der ausverkauften Baumhaus-Bar im „Musik und Frieden“ sagt er kaum etwas Nettes, dafür aber: „Leider ist die Nase von Isabella zu lang für einen Deep Throat.“

Oliver Polak ist erst seit ein paar Jahren im deutschen Comedy-Geschäft, hat es jedoch bereits gehörig durcheinandergewirbelt. Am Anfang sagte er „Ich bin Jude, ich darf das“ und servierte seinem deutschen Publikum Witze über den Holocaust, über die es oft mit falscher Erleichterung lachte, weil Polaks Humor doppelbödiger und zuweilen finsterer ist, als es den Anschein hat.

Polak verpasste dem betulichen deutschen Comedy-Gewerbe eine schallende Ohrfeige, verletzte Sprachregelungen, wo er sie finden konnte, und sagte öffentlich, dass er selbst den als Retter des deutschen Humors gehandelten Jan Böhmermann ziemlich unlustig finde. Nun scheint er den nächsten Schritt in seiner Offensive gegen den deutschen Spaßbetrieb einleiten zu wollen. Dabei kommt er jetzt nicht mehr bloß mit der Abrissbirne, sondern will etwas Eigenes aufbauen, eine Alternative zu Mario Barth und dem ganzen deutschen Comedy-Horror.

Einfach wird das nicht werden, das zeigt dieser Abend im „Creepy Comedy Club“. Nicht dass man sich hier nicht gut amüsieren würde, aber das tut man sich ja manchmal selbst bei der „Heute Show“. Es fehlt jedoch noch das Revolutionäre, der Angriff auf den Quatsch-Comedy-Humor. Richtig weh tut es jedenfalls immer nur dann, wenn Polak, der mit seinem seltsam gestutzten Bart inzwischen aussieht wie eine Getto-Variante von Harald Glööckler in XXL, selbst das Mikro in die Hand nimmt.

Polak sieht jetzt aus wie eine Getto-­Variante von Harald Glööckler in XXL

Aber gut, nur lustig ist immerhin auch schon etwas, und Maxi Gstettenbauer, das von Polak nach Berlin geladene Comedy-Jungtalent, ist lustig. Neben anderen geladenen Comedians wie Masud, dem Deutschiraner, oder dem Engländer Johnny Armstrong, fällt er ein wenig aus dem Rahmen als Einziger der Runde ohne Migrationshintergrund oder Zugehörigkeit zu einer religiösen Minderheit. Seine Rolle ist die des Nerds, der mit staunenden Augen die Welt um sich herum beobachtet. Was ist mit der eigenen Mutter los, wenn man sie fragt, wie sie „50 Shades of Grey“ finde, und sie antwortet: „Ich fand’s langweilig“? Und warum gibt es eigentlich eine Kommentarfunktion auf Youporn? Wirklich, um nach dem selbst ausgeübten Handjob noch etwas Sinniges über den gesehenen Sexfilm zu verfassen?

Er sei eigentlich krank, erklärt Oliver Polak am Dienstagabend seinem Publikum, Erkältung und so weiter. Das hält ihn jedoch nicht davon ab, für zwei kurze Sessions die Bühne zu betreten. Er trägt eine Daunenjacke, Jogginghose und einen Brustbeutel in Tarnfarben, mit dem Look würde er wahrscheinlich sogar in Marzahn ausgelacht werden. Durch den Abend führt jedoch sein Kumpel Costa Meronianakis aus Frankfurt, der bis vor Kurzem noch als Rapper Illmatic unterwegs war. Costa spielt in seiner neuen Rolle als Comedian immer noch den Rapper mit Migrationshintergrund, sagt dauernd „Alter“, macht aber doch ein wenig zu deutlich, dass er sich nach seiner Karriere im Musikgeschäft jetzt in Comedy versuchen will. Irgendwann bietet er seinem Publikum Karten für seinen demnächst stattfindenden Soloauftritt im „Quatsch Comedy Club“ an, für „10 statt 13 Euro“. Man will an der Stelle schon lachen, bis man merkt, dass das gar kein Witz war.

Es wird also Zeit, dass Polak selbst noch einmal zeigt, wie man es richtig macht. Es geht nun darum, wie irre das ist, dass man bei der Geburt mal in der Vagina der eigenen Mutter steckte und dass also wohl jeder mal die Schamhaare seiner Mutter im Mund hatte. „Aber nur, wer vor 1990 geboren wurde.“