Europäisch-kanadisches Abkommen: Richter halten Ceta für rechtswidrig

Der Deutsche Richterbund kritisiert am europäisch-kanadischen Handelsabkommen Ceta die speziellen Klagemöglichkeiten für Unternehmen.

zwei Menschen in Schutzanzügen mit einem riesigen aufblasbaren Huhn

Proteste gegen Ceta und TTip in München. Foto: dpa

BERLIN taz | Nach Auffassung des Deutschen Richterbundes verstoßen die in dem europäisch-kanadischen Handelsabkommen Ceta vorgesehenen Gerichte für Schadenersatzklagen von Unternehmen gegen EU-Recht. Die EU habe nicht die Kompetenz, solche Gerichte einzusetzen, sagte Peter Schneiderhan vom Präsidium des Richterbunds der taz. „Die Regelungen verstoßen gegen den Lissabon-Vertrag“, sagte er. Der EU-Grundlagenvertrag definiert, welche Kompetenzen die Union hat.

Der Wirtschaftspakt Ceta soll 2017 in Kraft treten. Ursprünglich sah er die Einrichtung privater Schiedsgerichte vor. Diese sollten mit Anwälten besetzt sein und ohne Berufungsinstanz über Schadenersatzansprüche von Unternehmen gegen Staaten entscheiden können, etwa wenn Firmen ihre Gewinnerwartungen durch neue Gesetze beeinträchtigt sehen. Dabei kann es um Milliarden Euro gehen.

Nach starken Protesten haben sich die EU-Kommission und Kanada auf Vorschlag von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) auf eine Änderung dieses sogenannten Investitionsschutzes geeinigt. Statt privater Schiedsrichter soll es jetzt einen ständigen Gerichtshof mit Berufungsinstanz geben.

Nach Auffassung des Richterbundes kann die Union eine solche Gerichtsbarkeit aber nicht einfach im Rahmen eines Handelsabkommens einführen. „Es gibt keine Rechtsgrundlage dafür“, sagte Schneiderhan. Die Entscheidungen des geplanten Gerichts sollen bindend sein, die EU-Mitgliedsstaaten müssten sich ihnen also unterwerfen. Gleichzeitig sind diese Gerichte aber nicht in das europäische Rechtssystem eingebunden.

Eine solche Konstruktion habe der Europäische Gerichtshof bereits in einem Gutachten über das geplante Europäische Patentgericht als rechtswidrig bezeichnet. Es wäre sinnvoll, so Schneiderhan, ein Gutachten beim Europäischen Gerichtshof einzuholen, um Rechtssicherheit zu schaffen.

Peter Schneiderhan

„Für die Gerichte gibt es keine Rechtsgrundlage“

Darüber hinaus sei die Einrichtung eines solchen Gerichts nicht notwendig. „Die Mitgliedstaaten der EU sind Rechtsstaaten“, sagte Schneiderhan. Kritisch sieht er auch den Status der Richter. Diese sollen aus einem kleinen Pool ausgewählt werden und nebenberuflich tätig sein. „Das entspricht nicht unseren Standards von richterlicher Unabhängigkeit“, sagte er.

Das Bundeswirtschaftsministerium ist hingegen der Auffassung, dass die Gerichte mit EU-Recht vereinbar sind. Der Europäische Gerichtshof habe in zwei Gutachten klargestellt, dass sich die EU an internationalen Gerichten beteiligen könne und unter welchen Bedingungen sie welche errichten könne, hieß es. Daran habe sich die EU-Kommission orientiert.

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