Mardi Gras in Sydney: „Beruhigt euch, es ist nur Liebe“

Auch in Australien wird gleichgeschlechtliche Liebe längst offen zelebriert. Jetzt sollen Gesetze dieser Entwicklung Rechnung tragen.

Frauen in bunten Kostümen

Diese Damen richten in einem Park in Sydney ihre Festbekleidung vor dem Umzug neu aus. Foto: reuters

SYDNEY taz | „Beruhigt euch, es ist nur Liebe“ sagt das Schild. Darunter küssen sich zwei Männer mit Stoppelbärten. Solche Bilder waren am Samstag im Stadtzentrum von Sydney normal. Am jährlich stattfindenden Umzug Mardi Gras wird gleichgeschlechtliche Liebe zelebriert – in aller Offenheit und Öffentlichkeit. Männer, mit eingeölten Körpern im Adonis-Look, nur mit Badehose bekleidet, tanzen mitten auf der Straße im Takt zur Musik von Boney M.

Die verschiedensten Gruppen sind vertreten – von einer Delegation homosexueller Polizistinnen über schwule Flugbegleiter und Piloten der Airline Qantas bis zu Aktivisten mit dem Namen „Muslime gegen Homophobie“. Favoriten vieler heterosexueller Zuschauer am Straßenrand scheinen die „Dykes on Bikes“ zu sein – Lesben, die auf Harley-Davidson-Motorrädern den Mardi Gras anführen. Ebenfalls eher leicht bekleidet.

Der Aufruf zur „Beruhigung“ richtet sich an jene Australierinnen und Australier, die Homosexualität und vor allem gleichgeschlechtliche Ehe als Bedrohung traditioneller Werte sehen. Obwohl der Mardi Gras inzwischen 38 Jahre alt ist, zieht er regelmäßig Kritik christlicher Organisationen und ultrakonservativer Politiker auf sich.

Deren Widerstand gegen die Gleichberechtigung der Liebe erhielt am Sonntag einen Rückschlag, als der australische Justizminister George Brandis noch für dieses Jahr eine Volksbefragung über die Legalisierung der Homo-Ehe ankündigte, sofern die konservative Regierungskoalition von Premier Malcolm Turnbull zuvor wiedergewählt werde, so Brandis. Danach muss das Parlament über eine Gesetzesänderung entscheiden.

Rentabler Anlass im Festkalender

Doch die Ankündigung stieß am Sonntag nicht nur unter Konservativen auf Kritik, sondern vor allem in progressiven Kreisen. Der Chef der Grünen-Partei, Richard Di Natale, forderte die Regierung auf, die Gesetze noch vor den Wahlen zu ändern. „Premier Malcolm Turnbull hat Gelegenheit, im Parlament eine Abstimmung durchzuführen“, so der Politiker.

Di Natale ist einer von vielen Kritikern, die eine 140 Millionen Euro teure Volksbefragung als Verschwendung von Steuergeldern empfinden. Denn verschiedene Meinungsumfragen haben gezeigt, dass bereits eine Mehrheit der Befragten die Ausweitung der Definition der Ehe als Verbindung zwischen Mann und Frau auf gleichgeschlechtliche Partner befürworten würde. Mehrere ultrakonservative Mitglieder der Regierung haben dennoch erklärt, selbst dann gegen die Homo-Ehe zu stimmen, wenn das Volk sie eindeutig wolle.

Der Mardi Gras hat sich in den letzten Jahren trotz Kritik zu einem der wichtigsten Anlässe im australischen Festkalender gemausert – und zu einem der rentabelsten. Besucher aus der ganzen Welt bringen jedes Jahr Millionen von Dollar nach Down Under. Nicht nur der Tourismus profitiert.

Längst haben Unternehmen den Wert des „Pink Dollar“ entdeckt – des „Schwulen-Dollars“. Selbst konservative Firmen wie die australische Großbank ANZ bezeichnen sich als „Gay friendly“ und treten als Sponsoren des Anlasses auf. Der sogenannte „Homo-Markt“ gilt in der australischen Wirtschaft als ausgesprochen lukrativ. Da homosexuelle Paare in der Regel Doppelverdiener sind und seltener Kinder zu versorgen haben, verfügen sie über ein überdurchschnittlich hohes Einkommen.

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