Abgasmessungen bei Daimler: Sauberes Abgas nur im Sommer?

Die Abgasreinigung in Mercedes-Autos wird bei Kälte zum „Motorschutz“ reduziert, sagt Daimler. Aber passiert das schon bei zu hohen Temperaturen?

Ein Auto steht im Schnee

Es ist kalt geworden – wie sieht‘s denn am Auspuff aus? Foto: dpa

BERLIN taz | Nachdem bei Mercedes-Fahrzeugen im Dezember dramatisch überhöhte Stickoxidwerte im Abgas gemessen wurden, hat der Hersteller Daimler zunächst jegliche „Manipulation“ der Werte abgestritten. Anders als bei Volkswagen, wo die Abgasreinigung außerhalb von Prüfständen abgeschaltet wurde, sei bei Mercedes keine Abschalteinrichtung (“Defeat Device“) zum Einsatz gekommen, so der Konzern.

Nach weiteren Tests, unter anderem durch die niederländische Prüforganisation TNO, hat sich die Argumentation geändert: Daimler räumt nun ein, in seinen Fahrzeugen eine Abschalteinrichtung zu verwenden, die unter bestimmten Bedingungen die Wirksamkeit der Abgasreinigung reduziert. Anders als im Fall von Volkswagen hält das Unternehmen dies aber für legal. Man berufe sich auf eine Ausnahme in der entsprechenden EU-Richtlinie, teilte Konzernsprecher Matthias Brock auf taz-Anfrage mit. „Der Motor- bzw. Bauteilschutz“ werde darin „explizit als erlaubter Zweck eingeräumt“.

Und dieser Motorschutz erfordere es, die Abgasreinigung bei niedrigen Temperaturen zu reduzieren, argumentiert Daimler. „In der Regel geschieht dies im unteren einstelligen Temperaturbereich“, erklärt Brock. Dass die Abgasreinigung regulär funktioniert und damit die geltenden Grenzwerte eingehalten werden, ist bei den betroffenen Mercedes-Modellen demnach nur im Sommer gewährleistet.

Die Deutsche Umwelthilfe, die selbst ein Mercedes-Modell getestet hat, geht sogar davon aus, dass die Abgasreinigung schon bei Temperaturen von weniger als 10 Grad Celsius nicht funktioniert, denn die Testfahrten in den Niederlanden hätten bei 7 bis 10 Grad stattgefunden. Das Prüfinstitut TNO bestätigte, dass der Temperatursensor am Fahrzeug diese Werte angezeigt habe; der Wetterservice habe für diesen Tag jedoch Temperaturen von weniger als 4 Grad ermittelt, sodass unklar sei, ob der Sensor korrekt funktioniert habe.

Handlungsbedarf sieht nicht nur die Deutsche Umwelthilfe, sondern auch der ADAC. „Es kommt darauf an, dass die Autos die Grenzwerte einhalten“, sagte der Leiter des ADAC-Technikzentrums bei einer Veranstaltung der Grünen. Ob die Argumentation von Daimler zulässig sei, müsse „rechtlich entschieden werden“. Die Umwelthilfe bereitet bereits eine entsprechende Klage vor.

Das Bundesverkehrsministerium beantwortete die Frage, ob das Vorgehen von Daimler durch die Ausnahmeregelung in der EU-Richtlinie gedeckt sei, ausweichend. Man überprüfe die Regelwerke derzeit, sagte Staatssekretär Michael Odenwald zur taz.

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