Kommentar Abschiebungen Schweiz: Sieg der Zivilgesellschaft

Das Engagement gegen die Abschiebereform war groß, es nahmen wieder mehr Wähler an der Abstimmung teil. Das lässt auf eine Trendwende hoffen.

Ballon mit Aufschrift "Nein!" fliegt über einer Menschenmenge

Das Engagement hat sich gelohnt: Die Abstimmung gegen die Abschiebungen ist gewonnen Foto: dpa

Das deutliche Nein der Eidgenossen gegen den rassistischen, menschenrechtsfeindlichen und völkerrechtswidrigen Versuch der größten Partei des Landes, dem ausländischen Viertel der Schweizer Wohnbevölkerung die verfassungsgemäßen Grundrechte zu nehmen, ist eine schwere Schlappe für die bislang erfolgsverwöhnte Demagogentruppe der SVP.

Insbesondere für ihren langjährigen Chefstrategen und Hauptfinanzier Christoph Blocher und seinen politischen Ziehsohn und medialen Hauptpropagandisten, Weltwoche-Verleger Roger Köppel. Umfragen sagten den beiden Erfindern der irreführend und verharmlosend sogenannten Durchsetzungsinitiative noch im November eine 60-Prozent-Mehrheit für den gestrigen Abstimmungstag voraus.

Nach den Berichten und Bildern aus der Kölner Silvesternacht, die die SVP mit perfider Demagogie für ihre Schmutz- und Angstkampagne gegen „kriminelle Ausländer“ nutzte, schien ihr Sieg endgültig gesichert. Doch dann kam die Wende. Viele Tausende SchweizerInnen krempelten die Ärmel hoch und engagierten sich in einer zivilgesellschaftlichen Kampagne der Anständigen gegen die Pläne der SVP.

Sie mobilisierten gestern viele derjenigen Bürger an die Urne, die zu den vergangenen drei Volksinitiativen der SVP zum Verbot von Minaretten, zur Abschiebung krimineller Ausländer und zur „Begrenzung der Masseneinwanderung“ noch geschwiegen und an der Abstimmung nicht teilgenommen hatten. Damit ermöglichten sie die jeweils sehr knappe Mehrheit für die SVP.

Das Ergebnis von Sonntag lässt auf eine Trendwende in der Schweiz hoffen. Darauf, dass auch die bereits geplanten weiteren Anschläge des Duos Blocher/Köppel auf Demokratie, Verfassung und Völkerrecht wie die erneute Verschärfung des Asylrechts und die grundsätzliche Ablehnung von Urteilen europäischer Gerichte zu „Schweizer Angelegenheiten“ vom Volk abgelehnt werden.

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Journalist und Buchautor, Experte für internationale Beziehungen und Konflikte. Von 1988-2020 UNO- und Schweizkorrespondent der taz mit Sitz in Genf und freier Korrespondent für andere Printmedien, Rundfunk-und Fernsehanstalten in Deutschland, Schweiz,Österreich, USA und Großbritannien; zudem tätig als Vortragsreferent, Diskutant und Moderator zu zahlreichen Themen der internationalen Politik, insbesondere:UNO, Menschenrechte, Rüstung und Abrüstung, Kriege, Nahost, Ressourcenkonflikte (Energie, Wasser, Nahrung), Afghanistan... BÜCHER: Reform oder Blockade-welche Zukunft hat die UNO? (2021); Globales Chaos-Machtlose UNO-ist die Weltorganisation überflüssig geworden? (2015), Die kommenden Kriege (2005), Irak-Chronik eines gewollten Krieges (2003); Vereinte Nationen (1995) AUSZEICHNUNGEN: 2009: Göttinger Friedenspreis 2004:Kant-Weltbürgerpreis, Freiburg 1997:Goldpreis "Excellenz im Journalismus" des Verbandes der UNO-KorrespondentInnen in New York (UNCA) für DLF-Radiofeature "UNO: Reform oder Kollaps" geb. 1954 in Köln, nach zweijährigem Zivildienst in den USA 1975-1979 Studium der Sozialarbeit, Volkswirtschaft und Journalismus in Köln; 1979-81 Redakteur bei der 1978 parallel zur taz gegründeten Westberliner Zeitung "Die Neue"; 1981-87 Referent bei der Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste, verantwortlich für die Organisation der Bonner Friedensdemonstrationen 1981 ff.; Sprecher des Bonner Koordinationsausschuss der bundesweiten Friedensbewegung.

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