Treffen der EU-Innenminister: Weiterbauen an der Festung Europa

Merkel-Türkei-Plan oder die Balkanroute dichthalten? Beim EU-Innenminister-Treffen wird klar: Hauptsache, die Flüchtlingszahlen gehen zurück.

Ein Mann im Regencape vor Zelten

Der chinesische Künstler Ai Weiwei in Idomeni, Griechenland. Foto: dpa

BRÜSSEL taz | Mit kaum verhohlener Freude reagierten die EU-Innenminister am Donnerstag auf die Schließung der Balkanroute. Nach Mazedonien müssten nun auch andere Staaten wie Albanien abgeschottet werden, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière in Brüssel.

Streit gab es über den von Kanzlerin Angela Merkel geforderten Flüchtlingspakt mit der Türkei. Die Zahl der in Deutschland ankommenden Flüchtlinge betrage „weniger als ein Zehntel der hohen Zahlen im letzten Herbst“, freute sich de Maizière kurz vor den Landtagswahlen in Deutschland. Die „Zeit des Durchwinkens“ sei vorbei, nun werde daran gearbeitet, „dass das so bleibt“.

De Maizière setzte sich damit von seiner Kanzlerin ab, die die Schließung der Balkanroute kritisiert hatte. Die „einseitige Entscheidung“ Österreichs senke zwar die Flüchtlingszahlen in Deutschland, bringe aber Griechenland in eine „schwierige Situation“, sagte Merkel. Auch Premier Alexis Tsipras protestierte gegen die Schließung und forderte sofortige EU-Hilfen.

Doch die lassen auf sich warten. Vor allem am Grenzort Idomeni wird die Lage immer schlechter. Von dort kommen nun genau die schlimmen Bilder verzweifelter Menschen im Schlamm, die die EU bisher vermeiden wollte. Doch das scherte die Innenminister kaum. Sie arbeiten weiter am Ausbau der Festung Europa – nun auch in und um Italien.

Harmonie schnell zu Ende

Der italienische Innenminister Angelino Alfano kündigte an, mit Albanien über mögliche Grenzbefestigungen sprechen zu wollen. Es gehe darum, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um illegale Migration zu verhindern, erklärte er in Brüssel. Albanien grenzt an den Nordwesten von Griechenland und gilt deswegen als alternatives Transitland. Von dort aus könnten Flüchtlinge versuchen, mit Schiffen über die Adria nach Italien zu gelangen.

Neben der Schließung aller Fluchtwege bereiteten die Innenminister auch die Umsetzung des umstrittenen Deals mit der Türkei vor, den Merkel Anfang der Woche beim EU-Gipfel in Brüssel eingefädelt hatte. Hier war es mit der Harmonie allerdings schnell zu Ende.

Die „Zeit des Durchwinkens“ sei vorbei, freute sich Thomas de Maizière kurz vor den Landtagswahlen

De Maizière verteidigte zwar den Plan, der Massenabschiebungen von den griechischen Inseln in die Türkei vorsieht. „Griechenland soll die Türkei jetzt schnell als sicheres Drittland anerkennen“, sagte der deutsche Innenminister. Zudem müsse die EU die Türkei zum sicheren Herkunftsland erklären. Beides sind wichtige Voraussetzungen, um Flüchtlinge wie geplant in die Türkei abzuschieben.

Doch ausgerechnet aus dem Abschottungsland Österreich kam massive Kritik. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner nannte es äußerst fragwürdig, wenn die Türkei die EU mit einer Wunschliste konfrontiere und Visabefreiungen in Aussicht gestellt bekomme, nachdem kurz zuvor eine regierungskritische Zeitung unter Zwangsverwaltung gestellt worden sei. „Da stelle ich mir schon die Frage, ob wir unsere Werte letztendlich über Bord werfen.“

Auch der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Seid Raad al-Hussein, äußerte sich besorgt, besonders wegen der möglichen „kollektiven und willkürlichen Abschiebungen“ in die Türkei. Sie seien „illegal“, sagte er vor dem UN-Menschenrechtsrat in Genf.

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