Image-Kampagne: Hamburg wirbt fürs Radeln

Der Senat hat eine Pro-Rad-Kampagne beschlossen, um den Radleranteil zu erhöhen. Auch Autofahrer sollen Regeln für Radspuren lernen, damit die sicherer werden.

Finden viele Radler gefährlich: Fahrradstraße im Alstervorland Foto: Foto: Daniel Bockwoldt/dpa

Radeln ist schön. Das aber wissen zu wenige, finden Hamburgs Politiker, und deshalb haben sie jetzt eine große Pro-Rad-Kampagne beschlossen. Anfang 2017 soll sie starten, im ersten Jahr rund eine Million Euro kosten und einen massiven Bewusstseinswandel bringen. Denn bis ins Jahr 2020 will Hamburgs Senat den Radleranteil von derzeit zwölf auf 25 Prozent erhöhen, und das erfordert Anstrengung: Plakate, Veranstaltungen, sogar einen eigenen Slogan will man ersinnen; Vorbild sind Marken wie „Radlhauptstadt München“ und „I bike Kopenhagen.“

Noch kann Lars Pochnicht, verkehrspolitischer Sprecher der SPD, zwar nicht sagen, wie der Spruch für Hamburg lauten soll, aber emotional soll er sein, Radeln als urbanen Lebensstil inszenieren und das Image des Radelns verbessern.

Konkret will man vor allem die städtischen Infrastukturmaßnahmen bewerben: Radspuren, Stadtrad-Stationen, Park-and-Ride-Projekte und Fahrradstraßen sind schon fertig oder in Arbeit, „und so etwas muss man eben auch bewerben“; findet auch Dirk Lau, Sesprecher des Fahrradclubs ADFC, der eine solche Kampagne schon seit Jahren fordert.

Speziell die Fahrradstraßen sind allerdings umstritten; kürzlich erst war diejenige im Alstervorland in die Schlagzeilen geraten, weil Autos dort weiterhin so schnell und schnittig fahren, dass Radler lieber den alten – inzwischen illegalen – Radweg durch den Park nutzen. Zwar habe es da in puncto Verkehrsregeln eine Kampagne von Polizei und Innenbehörde gegeben, sagt Pochnicht. „Aber die war klein und hat keine so große Wirkung erzielt.“ Deshalb werde die neue Kampagne auch hier nachlegen. Werde erklären, dass in Fahrradstraßen Tempo 30 gilt, dass Radler nebeneinander fahren dürfen und gleichberechtigte, sogar vorrangige Verkehrsteilnehmer sind.

Allerdings wolle man diese Regeln „nicht mit erhobenem Zeigefinger durchsetzen, sondern so darstellen, dass die Menschen sie wohlwollend in ihr Verkehrsverhalten einbeziehen“, sagt Pochnicht. Es klingt wie ein Wunschkonzert, nicht wie ein Gesetz, für dessen Befolgung die Polizei zu sorgen hat.

Und was sollen ängstliche Radler tun, bis Autofahrer die Fahrradstraßenregeln begriffen und umgesetzt haben? „Die Fahrradstraßen nutzen“, sagt Pochnicht ungerührt. Genau dafür werde die Kampagne werben. Er weiß zwar, dass der Senat Ende 2015 nach einem Unfall auf der Alstervorland-Fahrradstraße ein Monitoring beschloss. Trotzdem: „Subjektive Ängste können keine Grundlage für Verkehrsplanung sein“, da ist sich der ­Sozialdemokrat mit ADFC-Mann Lau einig: „Alle Experten sagen, dass Radstraßen objektiv sicherer sind als alte Schrott-Radwege.“ Und wer zu ängstlich zum Radeln sei, so die unterschwellige Botschaft, der solle es eben lassen.

Abgesehen davon könne man, so Lau, Verkehrsplanung nicht an der Rücksichtlosigkeit der Autofahrer ausrichten. „Man muss immer davon ausgehen, dass sich alle korrekt verhalten.“ Laut Pochnicht ist Rücksichtnahme in Fahrradstraßen inzwischen sogar Teil von Führerscheinprüfungen. Durch die Pro-Rad-Kampagne würden solche Probleme nicht kaschiert, sondern vielmehr gelöst.

Die Kampagne soll nichts Geringeres als einen massiven Bewusstseinswandel bewirken

Sollte sich nach zwei Jahren der Radleranteil allerdings nicht erhöht haben: Dann könne man, sagt Pochnicht, die Kampagne als gescheitert betrachten.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.