US-Präsident Obama auf Kuba: Den Kalten Krieg begraben

In Havanna fordert Barack Obama die Kubaner auf, für eine freie Gesellschaft einzutreten. Die Konfrontation gehöre der Vergangenheit an.

Barack Obama steht auf einer Bühne. Hinter ihm sind die kubanische und die US-amerikanische Flagge zu sehen

Obama in Havanna: „Si se puede“ oder auch „Yes we can“ Foto: reuters

BERLIN taz | „Si se puede“ – „Yes we can“ – mit diesem letzten von vielen auf Spanisch gesprochenen Sätzen schloss US-Präsident Barack Obama am Dienstagvormittag seine mit Spannung erwartete Rede ans kubanische Volk.

Mit der ihm eigenen rhetorischen Begabung war Obama durch die Höhen und Tiefen der Geschichte beider Länder marschiert. Er hatte eingestanden, dass Kuba vor der Revolution 1959 ein von den USA ausgebeutetes Land war. Er erinnerte an die Invasion in der Schweinebucht – im Jahr seiner Geburt. Aber: „Ich bin hierher gekommen, um den letzten Überrest des Kalten Krieges zu begraben“, rief Obama aus und erinnerte an die Gemeinsamkeiten beider Länder, von der Liebe zum Baseball bis zur kolonialen und mit Sklaverei aufgebauten Vergangenheit.

Mit einem Zitat von Martin Luther King appellierte Obama an die Bereitschaft zur Veränderung. „Ich fürchte den Wandel nicht, ich begrüße ihn mit offenen Armen,“ hatte King gesagt.

„Creo en el pueblo cubano“ – „Ich glaube an das kubanische Volk“, sagte Obama unter lautem Applaus einer Hälfte des halb von der US-Botschaft, halb von der kubanischen Regierung ins Gran Teatro in Havanna eingeladenen Publikums.

Recht auf Kritik

Mehr als deutlich verteidigte Obama die Demokratie als beste Organisationsform, um der Bevölkerung Anteilnahme zu verschaffen. Er nahm die gängige Kritik an den Fehlern des politischen Systems der USA auf, begrüßte die Kritik und betonte, ohne eine offene und ehrliche Debatte verschiedener Meinungen, ohne Organisations- und Versammlungsfreiheit und das Recht, die eigene Regierung zu kritisieren, wären die USA vermutlich heute immer noch eine segregierte Gesellschaft und nicht eine, in der jemand wie er selbst Präsident sein könnte.

Die Stärke Kubas sei die kubanische Bevölkerung, die zudem hervorragend ausgebildet sei. Wiederum auf Spanisch sagte Obama, die Zukunft Kubas liege in der Hand des kubanischen Volkes. Und direkt an den in der Loge sitzenden Raúl Castro gewandt, sagte Obama, dieser müsse doch keine Angst davor haben, sein Volk sprechen und wählen und sich ausdrücken zu lassen.

Barack Obama

„Die Zukunft Kubas liegt in der Hand des kubanischen Volkes“

Es ginge doch nicht darum, dass Kuba so werde wie die USA, sagte Obama, sondern dass die Kubaner sich selbst verwirklichen könnten. Und im Übrigen: Er habe ja den Kongress aufgefordert, das Embargo aufzuheben. Aber selbst wenn es morgen fallen sollte, würden die Kubaner davon nichts merken, wenn es auf Kuba selbst keine Veränderungen gebe.

Und er betonte ein ums andere Mal, es ginge nunmehr darum, die lange Geschichte der gegenseitigen Isolierung und Spaltung hinter sich zu lassen. Auch die Kubaner in Miami und jene auf der Insel müssten sich versöhnen, denn es gebe mehr Verbindendes als Trennendes.

Castro sah älter aus, als er ist

Bereits am Montag hatte das kubanische Fernsehen den gemeinsamen Presseauftritt Obamas mit Kubas Präsident Raúl Castro live übertragen. Beide hatten in Erklärungen noch einmal ihre bekannten Grundpositionen vorgetragen, doch in der anschließenden Fragerunde mit kubanischer und internationaler Presse hatte insbesondere Castro noch älter ausgesehen, als er tatsächlich ist.

Bei einer Frage nach politischen Gefangenen in Kuba tippte er sich mehrfach an die Übersetzungskopfhörer, um dann zu sagen, man möge ihm eine Liste politischer Gefangener in Kuba geben, wenn sie tatsächlich existierten, seien sie noch am gleichen Abend frei. Es dauerte nur wenige Stunden, bis entsprechende Listen in den sozialen Netzwerken kursierten.

Viele Kubaner reagierten auf Facebook und Twitter entsetzt über das Bild, das ihr Präsident abgegeben hatte. Kein Land verwirkliche schließlich alle Menschenrechte, hatte Castro gesagt, und Kuba eben auch nicht. Aber seien nicht Gesundheit und Bildung die wichtigsten Menschenrechte von allen? Obama hatte in seinem Beitrag von der Unteilbarkeit der Menschenrechte gesprochen und sich bei Castro bedankt, der auf Missstände in der US-Gesellschaft hingewiesen hatte.

Die stärksten Kommentare Castros schienen jene massiven Räusperer an etlichen Stellen, während Obama sprach. Kein Geräusch kam allerdings von Castro, als Obama auf eine entsprechende Frage antwortete, er sei davon überzeugt, dass das US-Embargo gegen Kuba fallen werde, er wisse nur nicht sicher, wann.

Jene Maßnahmen, die ohne die Zustimmung des Kongresses getroffen werden könnten, seien inzwischen nahezu ausgeschöpft. Aber Verbesserungen der Menschenrechtslage in Kuba könnten den Prozess der Aufhebung des Embargos deutlich beschleunigen, sagte Obama. Und Castro räusperte sich.

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