Kommentar Verbot der „Weissen Wölfe“: Geringe Symbolkraft

Das Verbot der „Weisse Wölfe Terrorcrew“ ist richtig. Mehr Wirkung hätte aber eine bessere Aufklärung der Anschläge auf Flüchtlingsheime.

Fahnen, Transparente, Waffen, Masken und sonstige Dinge mit rechtsextremen Aufschriften

Beschlagnahmtes Material einer rechtsextremen Gruppe. Foto: dpa

Ein Verbot kann viel bedeuten. Am Mittwochmorgen löste Bundesinnenminister Thomas de Maizière auf Grundlage des Vereinsgesetzes das rechtsextreme Kameradschaftsnetzwerk „Weisse Wölfe Terrorcrew“ (WWT) auf. In zehn Bundesländern suchten Polizeikräfte 16 Anhänger auf, durchsuchten 15 Objekte und stellten Propagandamaterial, Datenträger und Waffen – Wurfsterne, Armbrust und Kleinkaliberwaffen – sicher. Der Verein agiere „offen und aggressiv gegen unseren Staat und unsere Gesellschaft, gegen Migranten und Andersdenkende“, erklärte de Maizière. Der harte Kern von 25 Personen hätte auch mit der Polizei die gewalttätige Auseinandersetzung gesucht.

Mit dem Verbot hat der Minister nicht bloß ein organisatorisches Netzwerk ausgehoben, sondern auch eine symbolische Grenze gezogen: Bis hierhin und nicht weiter. Eine Politik gegen rechts bedarf auch der Symbolik – zur Selbstvergewisserung als Gesellschaft und als Solidaritätsbekundung für die Opfer.

Eine Grenze, die in der Flüchtlings- und Asylpolitik, bei der Hetze im Internet und auf der Straße allerdings scheinbar aufgehoben zu sein scheint. Die Symbolkraft hängt aber auch von der politischen Bedeutung des betroffenen Objektes ab, und die scheint gering zu sein, auch wenn einzelne Mitglieder äußerst aktiv und militant sind.

Die WWT entstand 2008 aus dem Fanumfeld der Band gleichen Namens, war subkulturell geprägt und politisierte sich später. Vor allem in Hamburg und Umgebung provozierten die Anhänger mit Nazi-Parolen, griffen Flüchtlinge und Polizisten an. In einzelnen Bundesländern tauchten sie bei Aufmärschen auf, es entstanden einzelne Sektionen mit Stadthaltern. 2009 ging die Polizei gegen die WWT wegen Verstößen gegen das Uniformverbot vor. Der Generalbundesanwalt leitete 2012 ein Verfahren wegen des Verdachts der Bildung einer terroristischen Vereinigung ein, das auch die Sektion Hamburg betraf.

2014 wurde das Verfahren eingestellt. Als Organisation trat die WWT schon vorher kaum noch auf. Auf eine Kleine Anfrage der Linken zur WWT antwortete die Bundesregierung im März 2015, dass der Gruppierung elf Straftaten zugeordnet werden konnten. Von einer zentralen Steuerung von Aktionen gegen Flüchtlinge sprach de Maizière auch jetzt nicht.

Das Verbot dürfte die Anhänger wenig treffen: Der Name ist zwar weg, sie werden aber weiter machen, auch mit Gewalt. Mehr Symbolkraft hätten bessere Aufklärung und zeitnahe Strafverfahren bei Angriffen auf Flüchtlinge und Brandanschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte.

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Rechtsextremismusexperte, Jahrgang 1966. In der taz-Nord schreibt er seit 2005 die Kolumne „Der Rechte Rand“. Regelmäßig hält er Vorträge bei NGOs und staatlichen Trägern. Für die Veröffentlichungen wurde er 2007 Lokaljournalist des Jahres und erhielt den Preis des Medium Magazin, 2008 Mitpreisträger des "Grimme Online Award 2008" für das Zeit-Online-Portal "Störungsmelder" und 2012 Journalisten-Sonderpreis "TON ANGEBEN. Rechtsextremismus im Spiegel der Medien" des Deutschen Journalistenverbandes und des Ministeriums für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt. Letzte Bücher: herausgegeben: Das Netzwerk der Identitären - Ideologie und Aktionen der Neuen Rechten (2018), Die Entkultivierung des Bürgertum (2019), mit Andrea Röpke: Völkische Landnahme -Alte Sippen, junge Siedler, rechte Ökos (2019) mit Jena-Philipp Baeck herausgegeben: Rechte EgoShooter - Von der virtuellen Hetzte zum Livestream-Attentat (2020), Verqueres Denken - Gefährliche Weltbilder in alternativen Milieus (2021).

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