Kolumne Wir retten die Welt: Salz in unserem Tee

So schmeckt echter Luxus: Einfach nur den Wasserhahn aufdrehen – und trinken. Das ist fast so abgedreht wie Luft ohne Abgase.

Der ausgetrocknete Popoo-See in Bolivien

Hier ist schlecht Tee trinken: Das war mal ein See in Bolivien Foto: dpa

Der Tee schmeckte scheußlich. „Uärgs“, sagte meine Tochter und verzog das Gesicht. „Was ist da denn drin?“ Zwei Beutel Earl Grey und Wasser aus der Leitung. Aber das braune Gesöff klebte auf der Zunge, als hätten wir beim Zuckern danebengegriffen.

Des Rätsels Kochsalzlösung: Wir saßen vor dem Ferienhaus in Mallorca und hatten zum Teekochen wie zu Hause einfach den Wasserhahn aufgedreht. Unser Fehler: Wir hatten vergessen, welchen Luxus wir in Deutschland genießen, wo das Trinkwasser an den Fensterscheiben runterläuft.

In Mallorca scheint zwar die Sonne, aber das Wasser schmeckt, als sei es zum Gurgeln gegen Halsschmerzen gedacht. „Das kommt aus der Entsalzungsanlage“, sagte die Vermieterin. Die Technik ist wohl noch nicht ausgereift.

Es war kurz nach dem Weltwassertag. Da hatte die UNO wieder mal erschreckende Zahlen veröffentlicht, für die sich niemand interessiert. Wenn wir so weitermachen, leidet 2030 die eine Hälfte der Weltbevölkerung unter ernster Wasserknappheit – während die andere Hälfte sich den Kopf zerbricht, ob sie ihr veganes Mineralwasser mit oder ohne Sprudel will.

Das UN-Gremium International Resource Panel warnt, dass der Bedarf an Trinkwasser in 15 Jahren das Angebot um 40 Prozent überschreitet. „Um die drohende Krise abzuwenden, muss Wirtschaftswachstum vom Wasserverbrauch abgekoppelt werden“, heißt es da. Möglich ist das, wie Australien gezeigt hat. Aber bisher schluckt die Landwirtschaft 70 Prozent des Trinkwassers, in maroden Leitungen versickern jedes Jahr 100 Milliarden Kubikmeter und Regierungen bauen lieber protzige Staudämme, als für effiziente Verteilung und intelligentes Sparen von Wasser zu sorgen.

Man muss schon ganz schön bescheuert sein, sich selbst das Wasser abzugraben

Nachdem wir unseren südländischen Salzschock überwunden hatten, wurde das Problem kurzfristig so gelöst, wie es alle machen. Wir kauften unser Trink- und Teewasser in 5-Liter-Kanistern im Supermarkt, blickten den Tanklastern hinterher, die durch unser Städtchen rumpelten, und wunderten uns darüber, dass in jedem Vorgarten ein Pool gefüllt wurde. Irgendwann kommt halt das Tankschiff vom Festland.

Ich erinnerte mich daran, wie ich in den staubigen Slums hoch über der peruanischen Hauptstadt Lima die Trucks mit halbwegs sauberem und teurem Wasser für die Armen beobachtet hatte und wie mir Gesprächspartner in Bangladesch dringend nahelegten, nur Wasser aus eingeschweißten Plastikflaschen zu trinken. Und wie luxuriös das Leben ist, wenn man fast überall das Wasser aus der Leitung trinken kann.

Nicht, dass wir nicht auch das Wasserparadies Deutschland versauen: Die Gülle unserer Tiere läuft ins Grundwasser, Kohlekraftwerke und Fracking verbrauchen Unmengen von Wasser, Mikroplastik macht aus unseren Flüssen eine Müllhalde. Feuchtgebiete sind nur als Romantitel interessant und Wasser, das die Produktion unserer Orangen und T-Shirts im Süden verbraucht, saugt die ohnehin trockenen Regionen weiter aus.

Man muss schon ganz schön bescheuert sein, sich selbst das Wasser abzugraben, dachte ich, als wir wieder zurückflogen auf das Festland der Seligen. Etwa so blöd, als würden wir unsere Lebensmittel mit Gift besprühen. Oder unsere Medikamente so sinnlos einsetzen, dass sie irgendwann nicht mehr wirken. Oder – was für eine Vorstellung – unsere eigene Atemluft mit Abgasen vergiften.

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Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).

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