AfDler aus Lichtenberg auf Nazidemo: Der AfD-Mann im Nazipelz

Während sich die AfD in ihrem Programm um zumindest begriffliche Distanz zum rechten Rand bemüht, marschiert ein Bezirksfunktionär auf Neonazi-Demo mit.

Die Berliner AfD tagte am Sonntag in Berlin Foto: dpa

Volksgesundheit oder Lügenpresse – solche Begriffe wird man im Wahlprogramm der AfD, das die Partei am Sonntag nach fast zwölfstündiger Diskussion verabschiedete, nicht finden. Dafür sorgten vor allem Mitglieder des Landesvorstands, die bei allzu rechtspopulistischen Formulierungsvorschlägen wieder und wieder davor warnten, diese ins Programm aufzunehmen. Die Mission dahinter: Man will Distanz wahren zum ganz rechten Rand, sich als seriöse Partei etablieren – zumindest auf dem Papier.

Denn auf den zweiten Blick ist es mit dieser Distanz nicht mehr weit her, auch das wurde an diesem Wochenende deutlich: Als am Samstag NPD-Kader und schwarz gekleidete Neonazis durch Marzahn-Hellersdorf marschierten, war auch ein Amtsträger der AfD dabei. Heribert Eisenhardt, Vorstandsmitglied im Bezirksverband Lichtenberg, der am nächsten Tag auf dem Parteitag im Hotel Maritim fleißig das Wahlprogramm mit diskutierte. Er wirkte dabei keineswegs isoliert in seiner Partei.

Wegen der Personalie Eisenhardt war die Berliner AfD bereits unter Druck geraten, als bekannt wurde, dass der Lichtenberger regelmäßig bei den rechtsextremen Bärgida-Demos als Redner auftritt. Zunächst hatte der Landesvorstand angegeben, Eisenhardt werde künftig auf solche Aktivitäten verzichten. Als das offenkundig nicht der Fall war, hieß es dann, man habe ein internes Parteiordnungsverfahren gegen ihn eingeleitet. Zwischenzeitlich war der Name Eisenhardt auch von der Homepage des Bezirksverbands Lichtenberg verschwunden.

Seitdem der Landesverband mit den Neuwahlen des Vorstands im Januar deutlich nach rechts gerückt ist, hat man mit den politischen Umtrieben Eisenhardts, der mittlerweile auch wieder als Mitglied des Bezirksvorstands im Internet zu finden ist, offenbar kein großes Problem mehr. Zwar verweist der Sprecher Ronald Gläser am Montag ebenfalls zunächst auf das nach seinen Angaben immer noch laufende Parteiordnungsverfahren. Eisenhardt in der Partei zu isolieren sei aber keine Option: „Von einem antifaschistisch-stalinistischen Standpunkt müsste ihn man jetzt vielleicht von der Debatte ausschließen, aber bei uns ist so etwas nicht vermittelbar.“ Wie lange das Parteiordnungsverfahren noch laufen werde, sei völlig unklar, andere Maßnahmen, also etwa Eisenhardt zur Aufgabe seines Sitzes im Bezirksvorstand zu bewegen, seien nicht geplant.

Der neue Vorstand mit den beiden Vorsitzenden Beatrix von Storch und Georg Pazderski habe sich bereits mit dem Fall Eisenhardt beschäftigt und sehe dessen Engagement „durchaus kritisch“, sagt Gläser. Zu einer klaren Distanzierung von der Demonstration am Samstag, auf der unter anderem der Berliner NPD-Chef Sebastian Schmidtke gesprochen hatte, will sich der Sprecher aber nicht durchringen: Ob es sich dabei um eine Neonazi-Demo gehandelt habe oder ob die dort vertretenen Inhalte im Widerspruch zum Programm der AfD stehen würden, könne er nicht sagen.

Der Kampf um die politische Ausrichtung der Partei in Berlin scheint noch immer nicht abgeschlossen. Während der beiden Programmparteitage ging es den Drahtziehern im Landesverband vor allem darum, das Programm frei von allzu polemischen oder obskuren Forderungen zu halten – hier waren sich die mittlerweile entmachteten Anhänger einer wirtschaftsliberalen Ausrichtung wie der ehemalige Sprecher Götz Frömming und der amtierende Parteivorstand einig. Wie die Machtverhältnisse in der Partei genau aussehen, wird sich spätestens in drei Wochen zeigen: Auf einem weiteren Parteitag will die AfD dann ihre Liste für die Abgeordnetenhauswahl aufstellen.

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