Schmähkritik von Jan Böhmermann: Grimme ehrt, Erdoğan fordert Strafe

Böhmermann wird für sein Gedicht gegen Erdoğan heftig gelobt - selbst von Springer-Chef Döpfner. Die Türkei aber will, dass die deutsche Justiz tätig wird.

Vor der Grimme-Preis-Verleihung am Freitag solidarisierten sich einige Besucher in Marl, wie hier der Schauspieler Max Mauff, mit Jan Böhmermann Foto: dpa

BERLIN taz/dpa | Jan Böhmermann wurde am Freitag überraschend mit einem weiteren Grimme-Preis geehrt. Neben der Auszeichnung für den #varoufake, die Satire um den gefakten Mittelfinger von Gianis Varoufakis, erhielt Böhmermann auch die „Besondere Ehrung“. Grimme-Direktorin Frauke Gerlach nannte Jan Böhmermann in ihrer Begründung einen streitbaren Satiriker. Dass er auch zu drastischen Provokationen greife, mindere seine Gesamtleistung und seinen Beitrag zu strittigen Debatten nicht.

Böhmermann und sein Team nahmen den Preis nicht selbst entgegen. Auf Facebook hatte Böhmermann seinen Auftritt abgesagt. Er fühle sich erschüttert, in allem, woran er bislang geglaubt habe, und bat um Verständnis, dass er nicht in Marl feiern werde. Damit reagierte er auch auf die laufende Diskussion über seine „Schmähkritik“ am türkischen Präsidenten Erdoğan, wegen der die Staatsanwaltschaft derzeit gegen ihn ermittelt.

Inzwischen hat die türkische Regierung in einer Verbalnote an das Auswärtige Amt die Strafverfolgung des Satirikers Jan Böhmermann wegen seines umstrittenen Erdogan-Gedichts gefordert. Regierungskreise bestätigten am Sonntag einen entsprechenden Bericht des Berliner Tagespiegels. Der türkische Botschafter in Deutschland ließ die Forderung dem Auswärtigen Amt in Berlin zukommen.

Die Bundesregierung werde den Inhalt der Note sorgfältig prüfen und zügig entscheiden, wie mit dem türkischen Verlangen nach Strafverfolgung umzugehen sei, hieß es. Dazu würden Mitarbeiter des Kanzleramts, des Auswärtigen Amts und des Justizministeriums Anfang der kommenden Woche zusammenkommen.

Böhmermann hatte das Gedicht über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan mit dem Titel „Schmähkritik“ am 31. März in seiner satirischen TV-Show „Neo Magazin Royale“ präsentiert – und vorher ausdrücklich darauf hingewiesen, dass so etwas in Deutschland nicht erlaubt sei. Seitdem ermittelt die Staatsanwaltschaft.

Böhmermann schweigt

Unterdessen bejubeln und solidarisieren sich auch immer mehr Journalisten mit Böhmermann. Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner veröffentlichte auf welt.de einen offenen Brief an Böhmermann, in dem er das Gedicht als „Kunstwerk“ bezeichnet. Er habe laut darüber gelacht, schreibt Döpfner, der gleichzeitig zugibt, noch keine Böhmermann-Sendung gesehen zu haben.

Die Aufregung um das Gedicht könne er nicht verstehen. Wenn es um Provokationen religiöser, genauer: christlicher Gefühle gehe, sei in Deutschland alles erlaubt. Döpfner greift in seinem Text auch das ZDF an. Für seinen Hashtag „Fick dich, Bild-Zeitung“, habe sich der Sender gefeiert. Dass Böhmermann Erdoğan nun „Ziegenficker“ nennt, habe hingegen eine Art Staatskrise ausgelöst.

Jan Böhmermann hat sich bislang nicht öffentlich zu der Diskussion geäußert. Bei Facebook und Twitter, wo er sonst sehr aktiv ist, blieb er auffallend still. Der Spiegel hatte berichtet, dass Böhmermann Kanzleramtschef Peter Altmaier um Hilfe gebeten haben soll. Der habe sich aber nach einer kurzen Nachricht nicht mehr gemeldet.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.