Verquere Störmanöver

Konzert Statt leichtfüßigem Pop mal der schroffe Rock: Am Montag spielten die in London und Berlin beheimateten The Chap in der Berghain-Kantine

Hübsch, wie sie eine leicht in den Wahnsinn delirierende Rockband mimten

Was wäre das denn schon, Erfolg? Den hat The Chap, diese in London und Berlin beheimatete Band, doch bereits in die Tasche gesteckt, schließlich gab es immer wieder sehr freundlichen Zuspruch für ihre Musik. Mit Bestnoten besprochen wurden ihre Alben, ein leichtfüßiger und spielerisch hakenschlagender Pop ist darauf zu hören. Manchmal bei allem experimentierfreudigen Eifer von The Chap sogar auf strubbeliger Hit gebürstet.

Und derart viele Bands, die so was ohne anstrengendes Strebertum hinbekommen, gibt es nun wirklich nicht. Deshalb muss das einfach für ein Schulterklopfen von Kritikerseite aus sorgen. Dieser Erfolg (man muss später noch mal kurz auf das Wort zurückkommen) reichte dann am Montagabend beim Konzert von The Chap in der Berghain-Kantine für einen wenigstens propper gefüllten Saal, der allerdings in seinen Bemessungen nicht zu den wirklich ausladenden in der Stadt zählt.

Begrüßt wurde das Publikum mit einem markigen „Wir sind The Chap, das bessere Europa“. Verkündet wurde, dass man an diesem Abend politische Rocklieder spielen werde. Was in irritierender Beharrlichkeit wiederholt wurde in den Ansagen: auch der nächste Song wieder ein politischer Rocksong.

Und das konnte dann zum Beispiel ein Lied sein, in dem unentwegt nur ein „E he, e e he he“ gehechelt wurde, und Chap-Frontsau Johannes von Weizsäcker forderte das Publikum auf, „und jetzt alle“, also „E he, e e he he“.

Was ja auch mal eine Aussage ist.

Und wenn The Chap auf der Bühne hübsch eine leicht in den Wahnsinn delirierende Rockband mimte, riss Weizsäcker – der vergangenes Jahr das erste Album seines Soloprojekts mit einem charmant schlauen Pop auf Deutsch vorgelegt hat; das Projekt nennt sich kokett einfach Erfolg – seine Augen weit auf und rollte sie wild wie ein Little Richard.

Überhaupt wurden die Rockismen in der ironisch überdrehten Show so forciert, dass sie sich gleich selbst überholen mussten. Oder man freute sich an debilen Tanzschritten zum stumpfen Discorock. Und stand gleich wieder so brav aufgereiht und gestikulierend an der Rampe wie eine Theater-AG.

Sie lehnten sich also schon manchmal parodistisch derart weit aus dem Fenster, dass man sie als Witzband bezeichnen könnte. Was allemal ein verlorenes Spiel wäre, wenn sich die Musik darin erschöpfen würde.

Sie tat das nicht. Statt des leichtfüßigen Pop hörte man an dem Abend in der Berghain-Kantine von The Chap mehr einen schroffen Rock. Zickig. Grimmig. Lärmend. Nie aber allein schweinerockend. Verquere Gitarrensoli als Störmanover stichelten nur weiter in der Aufgerissenheit dieser Musik.

Art-Punk, könnte man sagen. Ohne blöde Blasiertheiten.

In der Zugabe rockten The Chap wild ekstatisch dazu noch mit den Höhere-Bildung-Instrumenten Cello und Geige. Auch das sehr unterhaltsam.

Doch: wirklich gute Band. Thomas Mauch