Prozess gegen Pegida-Anführer: Die Bachmann-Show in Dresden

Der Prozess wegen Volksverhetzung in Dresden beeindruckt den Pegida-Anführer kaum. Die Besucher liefern einen tiefen Einblick ins Milieu.

Lutz Bachmann trägt eine Spezialbriille

Lutz Bachmann mit seiner Tarnbalkenbrille Foto: dpa

DRESDEN taz | Beim Prozessauftakt gegen Pegida-Anführer Lutz Bachmann vor dem Amtsgericht Dresden ging es am Dienstag in erster Linie um den Vorwurf der Volksverhetzung. Bachmann soll am 19. September 2014 auf Facebook Flüchtlinge als „Gelumpe, Dreckspack und Viehzeug“ bezeichnet haben. „Kein Mitleid, kein Verständnis“, heißt es weiter im Chat mit einer Kontrahentin.

Staatsanwalt Tobias Uhlemann wirft ihm deshalb eine Störung des öffentlichen Friedens und einen Angriff auf die Menschenwürde vor.Zu diesem Zeitpunkt lief für den mehrfach wegen Einbruch, Diebstahl, Körperverletzung und Drogenbesitz vorbestraften Bachmann noch eine Bewährungsfrist.

Einen Einblick in das Pegida-Milieu, weit tiefer als jede Studie bisher, lieferten derweil die etwa 60 Demonstranten und Prozessbesucher. Glühende Verehrer des narzisstischen Selbstdarstellers, die nur mit Mühe an ständigen Beifallskundgebungen gehindert werden konnten und die die kriminelle Karriere ihres Idols nicht interessiert. Größtenteils höhere Jahrgänge von sächsischer Einfalt, Vulgarität und unverkennbarer Ost-Prägung: „Solch einen Kindergarten hätte es in der DDR nicht gegeben“, tönte es.

Der Angebetete und seine Frau Viki, eine ehemalige Stripperin, erschienen im Saal mit einer Tarnbalkenbrille, wie sie zur Unkenntlichmachung von Gesichtern in Medien üblich ist. Bachmann sprach am ersten Verhandlungstag nicht selbst, gerierte sich aber in der bekannten unerschütterlichen Chuzpe und Arroganz.

Der inkriminierte Facebook-Chat gelangte im Januar 2015 durch Kontakte einer Userin in die Hände eines Journalisten der Dresdner Morgenpost. Der wiederum informierte die Staatsanwaltschaft. Bachmanns Verteidigerin Katja Reichel verfolgt nun eine Doppelstrategie.

Bachmann will es nicht gewesen sein, der Flüchtlinge ­„Viehzeug“ nannte

Zunächst will sie durch einen nicht näher bezeichneten ausländischen Gutachter feststellen lassen, dass die Äußerungen ihres Mandanten vom Grundrecht auf Meinungsfreiheit nach Artikel 5 Grundgesetz gedeckt sind. Die zweite Verteidigungslinie ist in sich widersprüchlich. Bachmann will abstreiten, dass er es war, der sich so diffamierend äußerte. Die Einträge seien manipuliert worden. Hilfsweise wird gleichzeitig unterstellt, dieser Chat sei privat und nicht öffentlich bei Facebook erfolgt. Damit hätte Bachmann aber die Urheberschaft anerkannt.

Der Screenshot dokumentiert ein unmittelbares und mehrfaches Pingpong der einander nicht unbekannten Kontrahenten, das kaum zu manipulieren war. Nach Veröffentlichung seiner Äußerungen hatte sich Bachmann außerdem am 9. Februar 2015 bei seinen Pegidianern für Worte entschuldigt, „die jeder von uns schon mal am Stammtisch benutzt hat“.

Bei einer Verurteilung würde ihm eine Geld- oder eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren drohen. Am 3. und 10. Mai soll weiterverhandelt werden. Das Verfahren führt Amtsrichter Hans-Joachim Hlavka, der 2013 den Berliner Tim Herudek wegen angeblicher Rädelsführerschaft bei den Anti-Nazi-Demonstrationen 2011 in Dresden zu 22 Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt hatte.

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