Linker PR-Mann über US-Wahlkampf: „Von Bernie Sanders lernen“

Öffentlichkeitsarbeiter Thomas Lohmeier erzählt, warum die Linkspartei genau auf Sanders’ Wahlkampf gegen Hillary Clinton in den USA schaut.

Bernie Sanders an einem Rednerpult

Bernie Sanders im Wahlkampf in New York: Vorbild für die deutsche Linkspartei Foto: ap

taz: Herr Lohmeier, Sie haben sich in der vergangenen Woche vor Ort die Primarieskampagne für Bernie Sanders in New York angeschaut. Was für Erkenntnisse hat Ihnen und Ihrer Partei das gebracht?

Thomas Lohmeier: Interessant ist, dass sich die Kampagne von Bernie Sanders nicht darauf beschränkt, dafür zu werben, für ihn zu stimmen. Sie ist vielmehr darauf ausgerichtet, Menschen zu aktivieren. Das beginnt bei der Ansprache in den Newslettern und geht bis zu der Form, wie der Haustürwahlkampf geführt wird. Zentrales Element seiner Kampagnenerzählung ist, dass Sanders immer wieder betont, dass große politische Veränderungen in den USA nicht alleine zustande kommen, dass er zum Präsidenten gewählt wird, sondern dadurch, dass sich viele Leute politisch engagieren und involviert bleiben.

Aber Sanders wird ja auch kein Präsident. Hätten Sie sich für eine erfolgreiche Wahlkampagne nicht besser die von Hillary Clinton angeschaut?

Nein, denn die politische Ähnlichkeit zwischen uns und Sanders ist viel größer. Insofern ist es natürlich viel interessanter, sich seine Kampagne anzuschauen, auch wenn er gegen Clinton verlieren wird. Eine kleine Rechnung: Sanders gewinnt knapp die Hälfte der demokratischen Stimmen. Wenn man die USA politisch aufteilt, dann repräsentiert die Demokratische Partei ungefähr die Hälfte der Wahlbevölkerung. Das bedeutet faktisch, dass Sanders gesamtgesellschaftlich bei 20 bis 25 Prozent liegt. Das ist ein herausragendes Ergebnis. Und für uns wäre es bei der kommenden Bundestagswahl auch gar nicht so übel, oder?

Was kann die Linkspartei von Sanders lernen?

Diese Form des aktivierenden Wahlkampfs war das, was ich auf der Ebene des Campaigning als besonders bemerkenswert empfunden habe. Wir müssen uns überlegen, wie man eine Kampagne so aufbaut, dass sie ein Maximum von Menschen involviert und beteiligt. Wie schaffen wir es, unsere Mitglieder, aber auch diejenigen, die mit uns sympathisieren, so einzubinden, dass sie in unseren Wahlkampf involviert werden, sie also selber Teil der Kampagne werden? Da können wir einiges von Sanders lernen.

44, ist Leiter der Öffentlichkeitsabteilung der Linkspartei. Bis Mitte letzter Woche war er gemeinsam mit Judith Kainer, der Büroleiterin von Linkspartei-Chefin Katja Kipping, in New York, um den US-Wahlkampf zu studieren. Ihre Eindrücke schildern sie auf dem Redaktionsblog des Magazins Prager Frühling.

Bernie Sanders, aber auch Jeremy Corbyn haben für eine linke Aufbruchstimmung in ihren Ländern gesorgt. Die Grünen haben Winfried Kretschmann. Fehlt der Linkspartei in Deutschland also einfach nur ein alter Mann, den sie als Hoffnungsträger zelebrieren kann?

Ich glaube weder, dass es hier um eine Frage des Alters noch des Geschlechts geht. Ausschlaggebend ist vielmehr Zweierlei: Zum einen ist die Glaubwürdigkeit und Integrität der Person entscheidend. Zum anderen, das zeigt gerade der Wahlkampf von Sanders, ist eine inhaltliche Fokussierung wichtig. Sanders fokussiert sich erstens auf „Tax the rich“, also die Besteuerung der Superreichen. Die „Middle Class“ gegen die „Billionaires“, das ist sein Framing. Zweitens ist seine andere zentrale Botschaft die der Demokratie: Gegen die ungeheure Macht des Lobbyismus und des großen Geldes müssen sich die Menschen die Demokratie wieder zurück zu erkämpfen. Das kommt an. Die Erkenntnis, die daraus unter Campaigning-Gesichtspunkten zu gewinnen ist: Fokussiere dich auf klare Botschaften und halte die durch. Das ist ein maßgeblicher Grund für seinen Erfolg.

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