Urteil zur VG-Wort-Ausschüttung: Nichts für die Verlage

Alles für die Autoren. Laut einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs haben Verlage keinen Anspruch auf die Hälfte der VG-Wort-Einnahmen.

Ein Mensch kopiert Buchseiten

Wer einen Kopierer kauft, zahlt darauf Abgaben, die an die VG Wort fließen, die das Geld wiederum an Autoren und Verlage ausschüttet. Zumindest war das bisher so Foto: dpa

FREIBURG taz | Die VG Wort darf den Verlagen nicht pauschal 30 bis 50 Prozent ihrer Einnahmen auszahlen. Hierfür gebe es keine gesetzliche Grundlage, entschied auf Klage des Autors Martin Vogel jetzt der Bundesgerichtshof (BGH).

Die Verwertungsgesellschaft (VG) Wort wird von Autoren und Verlagen getragen. Sie macht Urheberrechte dort geltend, wo der einzelne Buchautor oder Journalist überfordert wäre – zum Beispiel gegenüber Bibliotheken und den Erstellern von Pressespiegeln. Auch kassiert sie Abgaben, die die Hersteller von Kopierern und Druckern zahlen müssen, weil mit ihren Geräten Privatkopien von geschützten Werken angefertigt werden. Verlage bekommen 30 bis 50 Prozent der eingenommenen Gelder. Rund 30 Millionen Euro erhalten sie pro Jahr.

Der Münchner Autor Martin Vogel hält die Beteiligung der Verlage jedoch für rechtswidrig und klagt seit 2011 dagegen. Da er selbst Fachbücher schreibt, konnte er die Klage im eigenen Namen durch die Instanzen treiben. Er gewann bisher alle Verfahren in dieser Sache, jetzt auch in letzter Instanz beim Bundesgerichtshof. Der BGH stellte darauf ab, dass das Urheberrecht grundsätzlich nur den Autoren und nicht den Verlagen zusteht. Insofern haben grundsätzlich auch nur die Autoren Ansprüche gegen die VG Wort und nicht die Verlage. Ob die Autoren per Vertrag Rechte auf die Verlage übertragen können, hat der BGH offengelassen. Er wies vor allem die pauschale Beteiligung der Verleger in Höhe von bis zu 50 Prozent zurück. Eine solche pauschale Beteiligung sei nicht zu rechtfertigen.

Für die Verlage könnte das Urteil bitter werden. Seit November hat die VG Wort ihren Anteil mit Blick auf den Rechtsstreit nicht mehr ausgezahlt. Zudem hat sie sich für die Jahre ab 2012 eine Rückforderung vorbehalten. Der Börsenverein des deutschen Buchhandels hält das BGH-Urteil für „kulturpolitisch höchst problematisch“. Den Verlagen drohten Rückzahlungen in dreistelliger Millionenhöhe, pro Verlag gehe es um Summen zwischen 20 und 200 Prozent des durchschnittlichen Jahresgewinns. Wegen der ausbleibenden VG-Wort-Zahlungen drohe die Insolvenz vieler kleiner und mittlerer Verlage.

Können Rechte an Verlage abgetreten werden?

Die Autoren müssen nun darauf achten, ob sie den ihnen zustehenden Anteil der Gelder von der Verwertungsgesellschaft automatisch ausgezahlt bekommen oder ob sie dies beantragen müssen. Die VG Wort konnte hierzu kurzfristig noch keine Angaben machen.

Kann eine weitgehende vertragliche Übertragung der Autorenrechte an die Verlage das Problem lösen? Martin Vogel hält eine solche Übertragung rechtlich nicht für möglich. „Das wären unfaire und damit unzulässige Allgemeine Geschäftsbedingungen.“ Auch aus europarechtlichen Gründen wäre eine solche Abtretung nach Vogels Auffassung unzulässig, obwohl sie im deutschen Urheberrechtsgesetz vorgesehen ist.

Verlage setzen auf Politik

Auch die Verlage fordern nach dem Urteil, dass die Politik den BGH-Spruch korrigieren müsse, etwa durch ein Leistungsschutzrecht für Buchverlage. Das Bundesjustizministerium geht allerdings davon aus, dass eine „rechtssichere Lösung“ nur auf europäischer Ebene möglich ist.

Gemeinsam mit der Kulturbeauftragten der Bundesregierung, Monika Grütters (CDU), hat Justizminister Heiko Maas (SPD) im Februar die EU-Kommission aufgefordert, bei der Neuregelung des EU-Urheberrechts eine Öffnungsklausel zu schaffen. Damit soll das deutsche Modell einer Verlagsbeteiligung an den Einnahmen der Verwertungsgesellschaft gerettet werden. Die EU-Kommission hat allerdings noch nicht geantwortet.

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