Gewalt nach Spiel bei Hannover: Fußballfans von Neonazis angegriffen

Die Regionalliga-Partie des TSV Havelse gegen den SC Goslar 08 endete für einige Fans mit Blessuren. Sie wurden von einer Gruppe Neonazis angegriffen.

Die Täter aus Hannover sollen dem Netzwerk „Gemeinsam stark“ nahe stehen Foto: dpa

HAMBURG taz | Der Fußballnachmittag im Wilhelm-Langrehr-Stadion endete für Till Martin* mit einem gebrochenen Finger, einem blauen Auge und Prellungen. „Zum Glück ist niemand von uns schwer verletzt wurden“, sagt Martin. Er und zehn Fußballfreunde, die sich gegen Rechtsextremismus engagieren, wurden am 24. März nach dem Heimspiel des TSV Havelese gegen den SC Goslar 08 von etwa 20 Neonazis angegriffen und mit Flaschen und Böllern beworfen. „Geplant und gezielt“, sagt Martin. Jetzt machten sie den Angriff öffentlich.

Havelse ist ein Stadtteil der niedersächsischen Stadt Garbsen, die knapp 15 Kilometer von Hannover entfernt ist. Fans des Clubs sind schon häufiger etwa durch sexistische und homophobe Pöbeleien aufgefallen. Aus deren Fanszene soll auch mal der Hitler-Gruß gezeigt worden sein. Zuletzt wurden die Spiele daher regelmäßig von einem größeren Polizeiaufgebot begleitet.

Der Gegner an jenem 24. März, der SC Goslar 08, gilt in der Regionalliga Nord als politisch links, sagt ein Mitarbeiter eines Beratungsnetzwerkes gegen Rechtsextremismus. Zur Goslarer Fanszene gehört etwa die Ultra-Gruppe „Upper Class“, die sich offen gegen Rechtsextremismus und Rassismus engagiert.

Im Wilhelm-Langrehr-Stadion blieb es während der Regionalliga-Nord-Partie ruhig, Havelse gewann mit 1:0. Erst nach dem Abpfiff gerieten Martin und seine Freunde mit drei Havelse-Fans verbal aneinander. Sie stiegen dann in die S-Bahn Richtung Hannover und an der Station Pascalstraße warteten rund 20 Rechtsextreme auf die einfahrende Bahn, erinnert sich Martin. Zehn von ihnen stürmten in den Waggon, zogen die Notbremse und schlugen auf die Gruppe ein. „Wir wehrten uns, konnten die Nazis rausdrängen“, sagt Martin. Die Angreifer schmissen noch Flaschen und Böller in den Waggon und hauten ab – unvermummt. Zehn Minuten dauerte der Angriff, erinnert sich Martin, die Polizei kam nicht.

Martin und die anderen Betroffenen glauben, in einigen Angreifern Mitglieder des rechtsextremen Hooligan-Netzwerkes „Gemeinsam-Stark Deutschland“ erkannt zu haben. Denn es soll ein Foto geben, auf dem die Männer – fast alle ganz in Schwarz gekleidet – unvermummt posen.

Das bundesweit organisierte Netzwerk „Gemeinsam-Stark Deutschland“ spaltete sich im Januar 2015 offiziell von den „Hooligans gegen Salafisten“ ab. Es gab persönliche Differenzen und auch Streit über Finanzen und Merchandise-Artikel. Viele rechte Hooligans der „Hooligans gegen Salafisten“ sollen heute, glaubt man Gerüchten aus der Szene, seit der Trennung vor allem beim neuen Netzwerk „Gemeinsam-Stark Deutschland“ mitwirken.

In Hannover organisiert sich diese Gruppe um den stadtbekannten Rechtsextremen Ronny Damerow. Der war Mitglied der verbotenen Neonazi-Truppe „Besseres Hannover“ und bringt sich jetzt bei der Initiative „Bürgerprotest Hannover“ ein, einem Ableger von Pegida, den Patriotischen Europäern gegen die Islamisierung des Abendlandes.

Die Angreifer schmissen noch Flaschen und Böller in denWaggon und hauten ab – unvermummt

Till Martin geht davon aus, dass er und seine Freunde bereits beim Verlassen des Stadions beobachtet wurden. Von jenen drei Männern, mit denen sie dann auf dem Weg zur S-Bahn in Streit gerieten. Diese sogenannten Späher hätten dann, so glaubt Martin, die Angreifergruppe informiert, damit die später gezielt zuschlagen konnte. Das wäre dann eine neue Qualität rechter Gewalt im Raum Hannover.

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