Reform des Sexualstrafrechts: Ist das nun der Durchbruch?

Jetzt sind auch die Koalitionsspitzen für das Prinzip „Nein heißt Nein“. Versprochen wurde es schon oft – und war doch nicht ernstgemeint.

Volker Kauder spricht und gestikuliert

Findet „Nein heißt Nein“ jetzt auch gut: Unionsfraktionschef Volker Kauder Foto: dpa

Endlich haben sich am Wochenende auch die Fraktionsvorsitzenden von CDU/CSU und SPD für einen umfassenden Schutz der sexuellen Selbstbestimmung ausgesprochen. Volker Kauder und Thomas Oppermann haben sich nach den Debatten der letzten Wochen zum Prinzip „Nein heißt Nein“ im Sexualstrafrecht bekannt.

Das ist ein großer Erfolg der Frauenbewegung, mit dem noch vor einem halben Jahr nicht zu rechnen war. Damals blockierte das Kanzleramt sogar den halbherzigen Gesetzentwurf von Justizminister Heiko Maas. Doch noch steht der Erfolg nur in der Zeitung, nicht aber im Gesetzblatt. Erst wenn die Koalition den Entwurf von Minister Maas wirklich konsequent nachbessert, hatten die Proteste der Frauen Erfolg.

Nach dem bisherigen Verlauf der Debatte ist auch eine Finte zur Beruhigung der Öffentlichkeit nicht auszuschließen. Schon nach den Kölner Vorfällen hat sich die CDU-Spitze in ihrer „Mainzer Erklärung“ zum Prinzip „nein heißt nein“ bekannt. Doch am Tag danach sagte der zuständige Fraktions-Vize Thomas Strobl, das sei nicht wörtlich zu verstehen, man habe nur eine „griffige Formulierung“ gesucht.

Auch der SPD kann man nur bedingt über den Weg trauen. Um ihren Justizminister vor Kritik zu schützen, wird immer wieder behauptet, sein Gesetzentwurf setze das Prinzip „Nein heißt Nein“ bereits um. Erst am letzte Donnerstag stellte der rechtspolitische Sprecher der SPD, Johannes Fechner, im Bundestag unverfroren diese eindeutig falsche Behauptung auf.

Die dritte Gefahr ist, dass „Nein heißt Nein“ nur als Grundregel verankert wird, von der es dann Ausnahmen gibt, um Beweisprobleme zu vermeiden. So hat etwa der CSU-Abgeordnete Alexander Hoffmann jüngst argumentiert. Wer aber nur das bestrafen will, was sich stets gut beweisen lässt, kann das Sexualstrafrecht gleich abschaffen. Gegen falsche Beschuldigungen schützt nach wie vor der Grundsatz „im Zweifel für den Angeklagten“. Und mit einem Freispruch aus Mangel an Beweisen kann das Opfer leichter leben als mit der Auskunft, dass ein strafwürdiger Übergriff gar nicht strafbar war.

Letztlich geht es hier um eine Wertentscheidung des Strafrechts, dass die sexuelle Selbstbestimmung generell und nicht nur in bestimmten Konstellationen geschützt wird.

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Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

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