Scheitern von TTIP wahrscheinlich: „Das ist nicht akzeptabel“

Frankreich werde TTIP so nicht unterschreiben, sagt der Pariser Staatssekretär Fekl. Auch bei den US-Bürgern schwindet die Zustimmung.

Der öffentliche TTIP-Leseraum vor dem Brandenburger Tor.

Öffentlicher TTIP-Leseraum in Berlin: die Geheimniskrämerei ein wenig gelüftet Foto: reuters

PARIS/WASHINGTON afp/dpa/rtr | Der für das geplante Freihandelsabkommen TTIP zuständige französische Außenhandelsstaatssekretär Matthias Fekl rechnet mit einem Abbruch der Verhandlungen. Ein Stopp der Gespräche scheine derzeit „die wahrscheinlichste Option“ zu sein, sagte Fekl am Dienstag im Radiosender Europe 1. Er sage dies „mit Blick auf die derzeitige Einstellung der USA“.

„Europa schlägt viel vor und bekommt im Gegenzug kaum etwas“, beklagte Fekl. „Das ist nicht akzeptabel.“ Zugleich betonte der Staatssekretär, es könne kein Abkommen „ohne Frankreich, und schon gar nicht gegen Frankreich“ geschlossen werden.

Für Paris sei unter anderem wichtig, dass kleine und mittelständische Unternehmen Zugang zum US-Markt bekämen. Auch der Schutz regionaler Landwirtschaftsprodukte müsse bestehen bleiben.

Fekl kritisierte zugleich, die USA wollten nicht über das in Europa geltende Vorsorgeprinzip im Verbraucherschutz sprechen. Die Verhandlungen seien an diesem Punkt „total blockiert“. Im aktuellen Zustand werde Frankreich das Abkommen nicht unterzeichnen, sagte Fekl.

Der Vorsitzende des Handelsausschusses im Europaparlament Bernd Lange (SPD) schließt es aus, dass eine TTIP-Einigung noch in diesem Jahr gelingen kann. „Obwohl wir jetzt drei Jahre miteinander reden, stehen immer noch die Maximalpositionen gegenüber“, sagte er dem Inforadio des RBB. „Die Amerikaner bewegen sich null, null.“ Deswegen sei es schon rein zeitlich dieses Jahr gar nicht mehr möglich, ein vernünftiges Ergebnis hinzukriegen.

Während die Greenpeace-Enthüllungen zu den TTIP-Verhandlungen in Europa hohe Wellen schlagen, werden sie in den USA eher am Rande wahrgenommen. Die Regierung in Washington reagierte mit nur dürren Statements. Gleichwohl steht das Projekt TTIP auch in den USA unter keinem guten Stern. Die Zustimmung in der Bevölkerung zu dem Abkommen mit den Europäern ist gesunken – und im Wahlkampf ist der Freihandel zunehmend zu einem Unwort geworden und der Protektionismus erlebt einen neuen Aufschwung.

Verunsicherung in den USA

Eine kürzlich veröffentlichte Umfrage im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung verzeichnete eine Zustimmung von nur noch 15 Prozent unter den US-Bürgern zu dem Abkommen; vor zwei Jahren waren es noch 53 Prozent. Zwar lehnten auch nur 18 Prozent das Abkommen ab – doch wenn es um TTIP geht, herrscht bei den US-Bürgern vor allem Verunsicherung: Fast die Hälfte der Befragten sagte, sie habe über das Abkommen „zu wenig gehört“.

In ihrer Reaktion auf die Enthüllungen der Umweltorganisation Greenpeace zum Stand der TTIP-Verhandlungen trat die US-Regierung denn auch dezidiert dem Vorwurf entgegen, das Abkommen sei ein Hinterzimmer-Deal: Die Verhandlungsziele der USA basierten auf „ausgedehnten Konsultationen“ unter anderem mit Unternehmen, Gewerkschaften und Umweltorganisationen, versicherte ein Sprecher des Handelsbeauftragten Michael Froman. Ziel von TTIP sei es, das Wirtschaftswachstum und den Arbeitsmarkt anzukurbeln – und auch, die „Beteiligung der Öffentlichkeit“ an Handelsregulierungen zu stärken.

Doch auch wenn sich Präsident Barack Obama zuletzt nochmal persönlich stark für TTIP ins Zeug legte und bei seinem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Hannover die Erwartung äußerte, dass die Verhandlungen bis Jahresende abgeschlossen sind – wie nach seinem Ausscheiden aus dem Amt im Januar das Abkommen in Washington weiter behandelt wird, ist höchst ungewiss.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.