Wind- und Solarenergie in Dänemark: Dänen stoppen Energiewende

Die dänische Regierung will den Ausbau von Wind- und Solarenergie bremsen. Sie nimmt mehr Kohlestrom in Kauf, um die „Wirtschaft zu entlasten“.

Teile von Windkraftanlagen

Nicht mehr gefragt? Teile von Windkraftanlagen in Dänemark Foto: dpa

STOCKHOLM taz | „Was meckert ihr eigentlich“, twitterte am Wochenende ein Kommunalpolitiker der dänischen Linken: „Die Regierung sorgt nur dafür, dass es nicht weniger, sondern mehr Offshore-Windkraft geben wird. Man muss einfach warten, bis der Meeresspiegel entsprechend angestiegen ist.“

So viel Galgenhumor hatten andere nicht. „Idioten! Ich bin sprachlos“, kommentierte der ehemalige Klima- und Energieminister Martin Lidegaard. WWF-Klima-Chef John Nordbo sprach von einem „Massaker an der dänischen Klimapolitik“.

Dass die in Kopenhagen regierende rechtsliberale Venstre die einstige Vorreiterrolle Dänemarks in der Klimapolitik beenden will, zeichnete sich bereits ab. Scheibchenweise waren seit vergangenem Jahr die Klimaziele früherer Regierungen zurückgenommen worden. Ende vergangener Woche kam der entscheidende Umschwung. Eine der deutschen EEG-Umlage vergleichbare Abgabe, die bislang die Energiewende mitfinanzierte, soll ab 2017 schrittweise gestrichen werden.

Diese „PSO-Abgabe“, aus deren Aufkommen grüne Investitionen in Wind- und Solarstromproduktion unterstützt werden, war bereits 1998 eingeführt worden. In ihrer gegenwärtigen Form existiert sie seit 2007. Die PSO-Abgabe ist wesentlich mit dafür verantwortlich, dass Dänemark mit einem Windkraftanteil von über 40 Prozent an der Stromproduktion mittlerweile Windstrom-„Weltmeister“ ist. Bis 2050 sollte Dänemark sogar völlig unabhängig von fossilen Energieträgern sein.

International konkurrenzfähiger werden

Die PSO-Abgabe taucht auf der Stromrechnung aller dänischen Haushalte und Unternehmen auf und ist so konstruiert, dass sie bei einer Strompreisminderung von 2 Öre um 1 Öre (0,13 Eurocent) steigt, bei einer Strompreiserhöhung entsprechend sinkt. Umgerechnet rund eine Milliarde Euro fließen dadurch jährlich derzeit in die Staatskasse. Die sich nun öffnende Budgetlücke will die Regierung mit einem entsprechenden Zurückfahren bei der Ökostromförderung ausgleichen.

Konkret würde das bedeuten, dass die Baupläne für fünf neue Offshore-Windkraftparks gestoppt werden müssten. „Unser Ziel, Kopenhagen bis zum Jahre 2025 „CO2-neutral“ zu machen, wird sabotiert“, beklagt sich Jesper Pedersen, Windkraftchef von Hofor, der kommunalen Energiegesellschaft. Die Millionen, die bereits in Planungen gesteckt wurden, seien damit hinausgeworfenes Geld. Von einem „unvorstellbaren energiepolitischen Wortbruch“ spricht Jan Hylleberg, Direktor des Windenergieindustrieverbands. Der staatliche schwedische Energiekonzern Vattenfall kündigte an, man werde seine Investitionen in Dänemark stoppen, wenn die Regierung ihre Pläne umsetze.

John Nordbo, WWF

„Ein Massaker an der dänischen ­Klimapolitik“

„Venstre“ begründet den energiepolitischen Schwenk damit, dass industrielle Stromkonsumenten entlastet werden sollten, um international wieder konkurrenzfähiger zu werden. „Da wir mit steigendem Stromverbrauch rechnen, wird es auch einen wachsenden CO2-Ausstoß geben“, erklärte Klimaminister Lars Christian Lilleholt.

Dänemarks Industrie habe schon jetzt viel niedrigere Stromkosten als vergleichbare EU-Länder wie Deutschland, sagte hingegen Brian Vad Mathiesen, Professor für Energieplanung in Aalborg. Streiche man die PSO-Abgabe, komme dies einer regelrechten Subvention gleich. Aufgrund des gesunkenen Strompreisniveaus sei die Energiewende für dänische Konsumenten bislang wesentlich billiger gekommen als ursprünglich kalkuliert, betonte auch Ex-Energieminister Lidegaard: Es gebe deshalb keinen Grund, die PSO zu streichen.

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