„Flüchtlinge fressen“ verboten: Dann kommt da ein Grill hin

Das Grünflächenamt Mitte ist Deutschlands politischste Graswurzelbehörde. Nun will ihr Leiter einen Tigerkäfig verbieten.

Besucher betrachten den Tigerkäfig vor dem Gorki-Theater in Berlin-Mitte, der zur Kunstaktion "Flüchtlinge fressen" gehört

Ist das Kunst oder kann das weg? Aktion „Flüchtlinge fressen“ vor dem Gorki-Theater in Mitte Foto: dpa

Der Büttner findet das sowieso nicht gut, das ganze Zentrum und diese Spinner ohne Maß und Mitte. Damals, das war im Juni 2015, liefen sie ihm auch schon über den Rasen. Harald Büttner, Leiter des Straßen- und Grünflächenamts Mitte, hat ein Amt inne, bei dem es nur wenig Spaß zu verstehen gibt: Wenn in seinem Bezirk ein Stück Grün Schaden nimmt, ist seine Behörde zuständig. Im Vorhinein sind schädigungsfähige Ereignisse genehmigungspflichtig. Und eine solche Genehmigung sorgt gerade wieder für Ärger.

In Mitte, am Maxim Gorki Theater, hat das Zentrum für Politische Schönheit – eine Gruppe von Aktionskünstlern – eine Käfiganlage errichtet, in der Tiger zu bestaunen sind. Die Installation ist Teil des Kunstprojekts „Flüchtlinge fressen“. Mit dem Projekt soll auf die Lage Hunderttausender Flüchtender aufmerksam gemacht werden, denen die legale Einreise nach Europa verwehrt ist. In diesem Rahmen finden unter dem Motto „Not und Spiele“ auch Diskussionen und Performances statt.

Harald Büttner, dessen Behörde all das erlaubt hatte, hat dies nun verboten. Nachdem die Kunstaktion öffentlich für Erregung sorgte, sieht er sein Amt plötzlich missbraucht. Am Mittwoch wurde das Maxim Gorki Theater aufgefordert, die Installation unverzüglich abzubauen. Es handele sich dabei nicht, wie angekündigt, um eine Informationsveranstaltung, sondern um eine politische Versammlung, und dafür sei das Grünflächenamt nicht zuständig.

Information oder Provokation?

Das Grünflächenamt und das Zentrum für Politische Schönheit sind alte Bekannte. Mitte 2015 hoben Aktivisten im Rahmen einer Demonstration des Zentrums symbolische Gräber auf der als heilig geltenden Reichstagswiese aus. Kein Wunder, dass Büttner das Zentrum nicht mag. Aber Kunst mit Tigern in Mitte? Hat das nicht Unterhaltungswert? Und so ist nun der nächste Meinungskampf ausgebrochen: Eine politische Versammlung von Tigern, gibt’s das? Wie viel politische Debatte verträgt das Wort „Information“? Wie politisch ist das Grünflächenamt? Wie kunstfertig?

Das Gorki-Theater kündigte Mittwoch umgehend an, Widerspruch gegen den Bescheid einzulegen. Die Intendanz, die die Aktion von der Kunstfreiheit gedeckt sieht, will außerdem Klage vor dem Berliner Verwaltungsgericht einreichen.

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