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: Narbenvergleich unter Polizisten

„Veteran – Above the Law“ (Südkorea 2015; Regie: Ryoo Seung-wan)

Ein Zweikampf: nicht korrumpierbarer Kommissar gegen den jungen und skrupellosen Vizepräsidenten eines Seouler Großkonzerns. Sie lernen sich persönlich kennen, der Polizist lernt den Unternehmer verachten bei einem Essen, bei dem dieser seine Macht ausspielt durch Demütigung zweier Frauen am Tisch.

Der Polizist, Seo Do-cheol, der „Veteran“ des Titels, wird zur Nemesis des anderen, Jo Tae-ho, als ein Fahrer des Konzerns nach der ungerechten Kündigung erst verprügelt wird und sich dann, wie es aussieht, um ein Haar zu Tode gestürzt hat.

„Veteran“ zeigt ein Milieu, in dem Strafen mit dem Golfschläger verabreicht werden. Er zeigt einen sadistischen Firmenerben als Karikatur mit grotesken Konturen. Und er zeigt einen Mann, der die Arroganz von Geld und Macht persönlich nimmt und, koste es, was es wolle, was unter spätkapitalistischen Verhältnissen schiefliegt, gegen alle Widerstände geradezurücken versucht.

Zu den Widerständen gehören die Vorgesetzten, die korrupt sind oder jedenfalls um Zukunft und Karriere fürchten. Es gehört ein Bestechungsversuch an Seos Ehefrau dazu, die eine teure Handtasche randvoll mit Geld auf den Tisch bekommt. Zuletzt wollen Seo gedungene Messerstecher ans Leder, aber er ist, das haben wir schon vorher gesehen, verdammt gut im Nahkampf.

Action und Slapstick

„Veteran“ ist alles andere als ein Politfilm. Er ist auch alles andere als subtil. Er ist vielmehr so typisch für einen südkoreanischen Blockbuster, wie ein „Tatort“ typisch ist dafür, wie man in Deutschland Politisch-Sozia­les in einen Genrefilm bringt. Beim „Tatort“ ist das Genre dann oft nur der Vorwand für die ­sozialkritische Botschaft; eventuell mit Dialogen zum ­Schmunzeln, besonders in Münster. In „Veteran“ dagegen fliegt einem, wie es sich für den ko­reanischen Mainstream gehört, von Anfang an ohne Kunstanspruch alles Mögliche um die Ohren. Action ist drin, vulgäre Komödie auch, Slapstick als eher krude Mischung aus beidem, gleich zu Beginn in einer heftigen Prügelei, die alles, was in einer Autowerkstatt zu Händen ist, zur Waffe im Kampfeinsatz umnutzt.

Ganz toll eine Action-Sequenz etwas später, die buchstäblich eher getanzt wird denn als straighte Auseinandersetzung gespielt. Dazu kommen Showstopper-Szenen zu Blondie-Musik, ein bisschen Sentimentalität, halsbrecherisches Autofahren durch Seoul, Narbenvergleich unter Polizisten und manches, nein: mehr als manches mehr.

Viel hilft viel

Das Genre setzt keine Grenzen, sondern ist nur die Ausgangssituation für alles, was einem zum Thema so einfallen kann. Viel hilft viel ist das Motto. Bloß keine Hemmungen, nicht bei der Charakterzeichnung und nicht bei der Wahl der filmischen Mittel.

Der sleazy Firmenchef ist supersleazy, der nicht korrumpierbare Bulle macht immer sein eigenes Ding, Ah in Yoo spielt das als Fiesling mit genauso viel Spaß an der Schmiere wie Jung-min Hwang seinen immer etwas widerständigen Körper schlenkrig gehen, gelenkig tanzen und vehement kämpfen zu lassen versteht.

Action produziert Komik, die grober, aber ernst gemeinter Kritik an gesellschaftlicher Korruption nicht im Weg steht. Und auch Regisseur Ryoo Seung-wan tut einfach, wonach ihm der Sinn steht. Absurde Match Cuts, auch mal ein eher billiger Umblätter-Effekt, ein bisschen Zeitlupe, dann eine rasche Abfolge von Gesichtern im Close-up.

In deutsche Kinos bringt man es damit nicht. In Korea aber, wo man nach wie vor verrückt nach Filmen aus heimischer Produktion ist, war „Veteran“ ein Riesenerfolg: mehr als 13 Millionen Besucher, dritterfolgreichster Film aller Zeiten. Eine Liga über Til Schweiger. Nur dass es die Liga, in der „Veteran“ spielt, in Deutschland nicht gibt.

Ekkehard Knörer

Die DVD gibt es für rund 13 Euro.