Kommentar Sicherheit und Rigaer Straße: Kleinkrieg mit Großaufgebot

Frank Henkels Kampf gegen Berlins linke Szene führt zu Chaos. Doch auch wohlmeinende Politiker, die Gespräche fordern, liegen falsch.

Transparent in der Rigaer

Frank Henkel hätte es wissen können Foto: dpa

Für die Bewohner und Unterstützer der teilgeräumten Rigaer Straße 94 ist es ein Erfolg, dass die Forderungen aus der Politik nach Verhandlungen mit ihnen lauter werden. Denn Henkels (CDU) Strategie der unnachgiebigen Härte gerät damit zunehmend in die Defensive – selbst der Regierende Bürgermeister hat sich nun mit seinem Appell für Gespräche von seinem Innensenator distanziert. „Aber ich erwarte auch schon“, sagte Müller (SPD) Montag, „dass ausgelotet wird über die Innenverwaltung oder die Polizei, ob und wie man Gespräche suchen kann.“

Müller hat damit erkannt, was ohnehin unschwer zu verkennen ist: Henkels kompromissloser Kleinkrieg mit polizeilichen Großaufgeboten nützt niemandem – entgegen seiner Hoffnung noch nicht mal ihm selbst. Die Vergeltungsaktionen für die schikanierende und wohl rechtswidrige Räumung in Form von nächtlichen Sachbeschädigungen und Brandstiftungen sorgen für mehr Unruhe, als es die Bewohner der Rigaer 94 selbst je gekonnt hätten. Jedes brennende Auto demaskiert Henkel als Verantwortlichen für Chaos in der Stadt.

Die Forderungen nach Gesprächen laufen dennoch ins Leere. Zum Mythos und Selbstverständnis der Rigaer 94 gehört seit jeher die Nicht-Bereitschaft zu Verhandlungen. Nach einem Jahr der Gängelung im „Gefahrengebiet“, zwei Großrazzien und der nun erfolgten Räumung kann das auch niemand mehr ernsthaft verlangen.

Und was sollten sie auch geben? Die Hausprojektbewohner steuern weder die nächtlichen Attacken noch die autonome Szene der Stadt – auch wenn sie die „Solidaritätsaktionen“ ausdrücklich begrüßen. Die Wut auf eine Politik, die die letzten linken und autonomen Refugien zerstört, bedarf keines Generalerlasses.

Zur Lageberuhigung braucht es keinen Runden Tisch mit Henkel und Autonomen, es braucht eine Lösung für die Bewohner, die seit 25 Jahren in diesem Haus leben. Dasselbe gilt für den ebenfalls vor der Räumung stehenden linken Laden M99. Rechtssicherheit für diese Räume bedeutet eben auch mehr Sicherheit für die Stadt.

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Redakteur für parlamentarische und außerparlamentarische Politik in Berlin, für Krawall und Remmidemmi. Schreibt über soziale Bewegungen, Innenpolitik, Stadtentwicklung und alles, was sonst polarisiert. War zu hören im Podcast "Lokalrunde".

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