Verkauf des Flughafens Frankfurt-Hahn: Neue Privatisierungspleite

Die rot-gelb-grüne Landesregierung in Rheinland-Pfalz gesteht ein, dass sie beim Verkauf auf einen Betrüger aus China hereingefallen ist.

Eine Frau greift sich mit der Hand an die Stirn. Es ist Malu Dreyer

Zum Verzweifeln: Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) bei der Landtagsdebatte Foto: dpa

BERLIN taz | Die Businesspläne der Shanghai Yiqian Trading (SYT) klangen zu schön, um wahr zu sein. In nur wenigen Jahren, so versprach der Investor, würde der chronisch defizitäre Flughafen Hahn im Hunsrück seine jährlichen Frachtflugkapazitäten von derzeit 80.000 Tonnen auf 1,2 Millionen Tonnen erhöhen. Eine zweite Landebahn sei geplant. Außerdem werde ein neues Luxushotel errichtet, ebenso eine Flugakademie samt Studentenwohnheim und ein Altenheim.

Schließlich bot die chinesische Gesellschaft auch noch mit 13 Millionen Euro den mit Abstand besten Kaufpreis für den Anteil von 82,5 Prozent, den Rheinland-Pfalz an dem Regionalflughafen hält. Wie hätte da die rot-gelb-grüne Landesregierung Nein sagen können? Anfang Juni unterschrieb sie die Verträge. Hätte sie das mal besser gelassen.

Auf einer Sondersitzung des Mainzer Landtags musste der für den Verkaufsprozess zuständige Innenminister Roger Lewentz (SPD) am Donnerstag verkünden, dass der scheinbar traumhafte Deal geplatzt ist. „Ja, wir haben das Kapitel SYT ohne Erfolg abgeschlossen“, sagte er zerknirscht. Denn die Landesregierung ist Hochstaplern aufgesessen.

„Alle unsere Befürchtungen haben sich bestätigt“, sagte CDU-Oppositionsführerin Julia Klöckner. „Wer die Businesspläne, die den Namen nicht verdienen, gelesen hat, hätte nie zum Notar gehen dürfen“, warf Klöckner der Landesregierung vor. Es sei von Anfang an offensichtlich gewesen, „dass mit dem Käufer etwas nicht stimmt“. Trotzdem habe die Landesregierung immer wieder kritische Nachfragen abgeblockt und behauptet, der Hahn-Investor sei „umfassend geprüft“ worden.

Klöckner geht in die Luft

„Sie haben die Hoffnungen einer ganzen Region enttäuscht“, attackierte Klöckner die sozialdemokratische Ministerpräsidentin. Malu Dreyer habe offenkundig nichts aus dem Nürburgringdesaster vor sieben Jahren gelernt, das ihrem Vorgänger Kurt Beck das Amt gekostet hatte. „Geschichte wiederholt sich nicht, die Parallelen sind aber frappierend“, sagte die CDU-Fraktionschefin und kündigte ein Misstrauensvotum gegen Dreyer an. „Wir sprechen Ihnen unser Misstrauen aus und werden das mit einem entsprechenden Antrag dokumentieren“, sagte Klöckner.

Die seit Mai amtierende Ampelkoalition verfügt im Landtag nur über eine äußerst knappe Mehrheit von zwei Stimmen. Die Fraktionsvorsitzenden von FDP und Grünen, Bernhard Braun und Thomas Roth, versicherten Dreyer zwar ihrer Unterstützung. Aber wie ein ewiger Treueschwur klang insbesondere die äußerst kurze Rede Brauns, der das Wort nur für knapp 5 der ihm zustehenden 30 Minuten ergriff, nicht gerade.

Kein Wunder, hatten doch die Freidemokraten die frühere rot-grüne Landesregierung vor der Landtagswahl im März gerade wegen missglückter Privatisierungsprojekte noch heftig kritisiert.

„Alle Ampeln auf grün“

Kurz nach der Unterzeichnung des Vertrags mit der SYT hatte Ministerpräsidentin Dreyer verkündet: „Wir haben alles an Sicherheiten eingeholt, was möglich ist.“ Das entsprach offenkundig nicht den Tatsachen. Im Ende Mai vorgelegten Schlussbericht des Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen KPMG, das den Verkauf für die Landesregierung organisieren und auch die Integrität der Bieter überprüfen sollte, hätten „alle Ampeln auf Grün“ gestanden, rechtfertigte sich die SPD-Politikerin – ohne allerdings Auskunft über den genauen Prüfauftrag an die KPMG zu geben.

Dass der angeblich millionenschwere Investor nur eine Luftnummer ist, hatte erst ein SWR-Reporter Ende Juni bei Recherchen vor Ort in Schanghai herausgefunden.

„Selbstverständlich bin ich sehr betroffen“, sagte Dreyer sichtlich angespannt. „Das ist bitter, dass dieser schlimme Fehler passiert ist.“ Heute sei klar, „dass der zum Zuge gekommene Bieter kriminelle Absichten hatte“. Es habe sich um ein „offensichtlich betrügerisches Handeln und bewusstes Täuschen“ gehandelt. Für Rheinland-Pfalz sei jedoch kein materieller Schaden entstanden. „Wir konnten rechtzeitig die Reißleine ziehen“, sagte Dreyer.

Sowohl die Ministerpräsidentin als auch Innenminister Roger Lewentz bekundeten, an der Privatisierung fest zu halten. Nun werde erst mal mit den zwei zunächst unterlegenen Interessenten verhandelt. Die besten Aussichten werden der deutsch-chinesischen Gesellschaft ADC aus dem pfälzischen Deidesheim eingeräumt, hinter der Exwirtschaftsstaatssekretär Siegfried Englert steht. Erste Grundstücke am Hahn wurden bereits Mittwoch für 3 Millionen Euro an die ADC verkauft.

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