Rigaer Straße: Höchste Zeit zum Reden

Weitere Eskalation: Demonstration endet in Krawallen. Bezirksbürgermeisterin und Anwohnerinitiative werben für Runden Tisch.

Bei der Demonstration: Bengalisches Feuer auf dem Dach eines Hauses in der Rigaer Straße. Foto: dpa

Nach der Teilräumung des Hausprojekts Rigaer94 war klar, dass die Demonstration kein Spaziergang werden würde. Seit dem 22. Juni riefen autonome Kreise dazu auf, „Berlin ins Chaos zu stürzen“, jede Nacht brannten Autos. Der einstweilige Höhepunkt war am Samstag erreicht, als eine Demons­tration mit bis zu 3.500 Teilnehmern in heftigen Krawallen endete. Rund 2.000 Polizisten waren im Einsatz. Es gab zahlreiche Verletzte und Festnahmen. Die Polizei sprach im Anschluss von einer „sehr polizeifeindlichen, hasserfüllten Stimmung“.

Unterdessen werden die Forderungen immer lauter, den Konflikt um die Rigaer94 auf Gesprächsebene zu lösen. Konkrete Vorschlägen dazu haben eine Anwohnerinitiative aus der Rigaer Straße und die Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Monika Herrmann (Grüne), gemacht. Die Anwohnerinitiative schlägt einen Runden Tisch unter Leitung eines professionellen Streitschlichters vor. Teilnehmen ­sollten Nachbarn, Bewohner der Rigaer94, die Polizei, die Senatsinnenverwaltung, der Bezirk und eine „Kiez-Versammlung“ als Instanz der Anwohneranliegen.

Seit der Teilräumung der Rigaer 94 stehe die Polizei Tag und Nacht vor dem Eingang, heißt es in der Erklärung der Initiative. Man wünsche sich einen Dialog, um den Ausnahmezustand zu beenden. „Das kann so auf Dauer nicht weitergehen“, so Anwohner Andreas Döhler. „Man muss es einfach probieren, miteinander zu reden.“

Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann hat den Konfliktparteien ein konkretes Gesprächsangebot in ihrem Büro unterbreitet. Das Treffen soll in den nächsten Tagen stattfinden. Das genaue Datum indes wollte Herrmann am Sonntag im Gespräch mit der taz nicht nennen. Nur so viel: Innensenator Frank Henkel (CDU) habe vergangene Woche bereits abgelehnt. Der Verwalter der Rigaer94 hat auf die Einladung bisher nicht reagiert. Die Bewohner des Hauses wiederum hätten erklärt, dass sie sich nicht mit Henkel an einen Tisch setzen würden.

Menschen: Von bis zu 3.500 TeilnehmerInnen spricht die Polizei in Ihrer Bilanz des Demoabends. Dem gegenüber standen rund 1.800 PolizistInnen, davon etwa 700 aus anderen Bundesländern.

Aktionen: Kurz nach Demobeginn sei es immer wieder zu Angriffen auf mitlaufende BeamtInnen und Einsatzwagen gekommen. Deshalb habe die Polizei diverse Male mit Pfefferspray- und Rettungsmehrzweckstock-Einsätzen reagieren müssen. Insgesamt 86 Personen seien, meist kurzfristig, festgenommen worden. Aufseiten der Polizei habe es 123 Verletzte gegeben.

Am Samstag habe sie aus autonomen Kreisen aber ein Papier ausgehändigt bekommen, das „ich als Gesprächsangebot empfinde“, so Herrmann. Man könne das Papier als Maximalforderung ansehen. „Ich persönlich finde, man kann über alles reden.“

Das Papier ist laut Herrmann identisch mit einer Erklärung, die das linksradikale Nachrichtenportal Indymedia am Wochenende veröffentlicht hat. „Ein Abzug von Bullen und Sicherheitsfirmen aus der Rigaer94 und die Rückgabe der Räume“ würde zur Einstellung aller Aktivitäten und Angriffe führen, heißt es darin. Auch der von Räumung bedrohte Laden für „Revolutionsbedarf“ in der Manteuffelstraße 99 müsse bleiben.

Seit dem Großeinsatz der Polizei im Januar in der Riager94 sehe sie bei Innensenator Henkel „keinen Plan“, kritisierte Herrmann. Die Polizei habe keinerlei Grund, den Kiez monatelang zu belagern. Es gebe keinen Beweis dafür, dass jemand aus dem Haus ein Auto angezündet habe. Die Leute hätten Mietverträge. Räumungstitel müssten bei Gericht erwirkt werden. „Der Staat macht sich lächerlich“, empörte sich Herrmann.

Sie könne nur ihren Tisch als Dialog anbieten. An den Gesprächen müsse aber eine Person teilnehmen, die Zusagen machen könne. Der Ball liege jetzt beim Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) und dem Senat, so Herrmann.

Für den räumungsbedrohten Laden für „Revolutionsbedarf“ in der Manteuffelstraße habe der Bezirk einen Ersatzstandort zu finden versucht. In Kreuzberg eine barrierefreie bezahlbare Wohnung mit angrenzendem Laden zu finden sei aber schwierig, so Herrmann.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.