Betrugsvorwürfe gegen AfD: Mit bulgarischen Stimmen

Ein niedersächsischer AfD-Kreisverband steht unter dem Verdacht, Unterschriften von mutmaßlichen Unterstützern für eine Kommunalwahl gefälscht zu haben.

Ein Mann im Rattenfänger-Kostüm, dahinter Menschen in Rattenkostümen

Der Rattenfänger von Hameln: Wie die AfD versucht, ihr Ziel zu erreichen Foto: dpa

BREMEN taz | Ausgerechnet BulgarInnen sollen die einwanderungsfeindliche „Alternative für Deutschland“ (AfD) Weserbergland in ihrem Wahlkampf in Hameln unterstützt haben. Sie sollen laut AfD UnterstützerInnenunterschriften getätigt haben. Doch laut Pressemeldung des Rathauses soll die AfD die Unterschriften für die Kommunalwahl am 11. September in Hameln gefälscht haben. Die Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt wegen des Verdachts auf Fälschung von Wahlunterlagen sowie Urkundenfälschung.

Die AfD ist weder im Bundestag noch im niedersächsischen Landtag oder im alten Hamelner Rat vertreten. Um KandidatInnen für die sechs Wahlbereiche aufstellen zu können, muss sie in jedem anvisierten Wahlbereich mindestens 30 UnterstützerInnenunterschriften vorlegen. In einem Wahlbereich war die AfD auf neun Unterschriften gekommen, in einem weiteren auf 16. In beiden hatte sie damit die benötigten 30 verfehlt und darf keineN KandidatIn stellen. In den vier weiteren Wahlbereichen hatte sie jeweils genug Unterschriften nachweisen können, darunter 37 im Wahlbereich 5.

Es ist Standard, dass die Unterschriften mit den offiziellen Meldeunterlagen der BürgerInnen, die unterschrieben haben, verglichen werden. Damit soll sichergestellt werden, dass die Unterschreibenden auch diejenigen sind, für die sie sich ausgeben. „Sie müssen das aktive Wahlrecht haben“, erklärt Gemeindewahlleiter Dieter Schur Schur. Zehn der 37 Unterschriften würden von gebürtigen BulgarInnen stammen, welche alle unter derselben Adresse gemeldet seien. Bei einem Vergleich hätten Schurs KollegInnen Unregelmäßigkeiten im Schriftbild festgestellt. „Das waren zum Teil gemalte Buchstaben“, sagt Schur.

Er erklärt, dass sich die Unterschrift einer Person im Laufe des Lebens zwar verändern könne. Während sie Anfangs noch sauber und leserlich sei, werde sie in späteren Jahren häufig routinierter und schneller geschrieben. Dennoch gebe es immer individuelle Merkmale in der Schrift, die man vergleichen könne.

Eine Partei, die nicht im niedersächsischen Landtag, Bundestag oder in der kommunalen Vertretung sitzt, muss in jedem angestrebten Wahlkreis 30 Unterschriften von wahlberechtigten AnwohnerInnen vorweisen. Erst dann ist sie zur Wahl zugelassen.

Sechs Wahlbereiche gibt es in Hameln. In zwei Bereichen verfehlte die AfD die Mindestmarke, in drei weiteren darf sie antreten. Im Wahlbereich fünf wurden zehn der 37 eingereichten Unterschriften als Fälschung aberkannt, so dass die AfD auch dort keinEn KandidatIn stellen darf.

Für Schur sei es „ein Thema der Authentizität der Unterschriften“. Ihre Personalausweise hätten die BulgarInnen mit kyrillischen Buchstaben unterschrieben, die AfD-Liste jedoch mit lateinischen. Die Unterschiede im Schriftbild sein für Schur zu groß gewesen, um sie zu ignorieren.

Nach langem Abwägen lehnte der Gemeindewahlausschuss die zehn Unterschriften einstimmig ab. Dadurch schlitterte die AfD an der 30-Punkte-Hürde vorbei und darf auch im Wahlbereich 5 nicht antreten. Schur sagt: „Knapp daneben ist auch vorbei.“ An der Entscheidung des Wahlausschusses hält er fest: „Für mich ist es klar, dass die Unterschriften gefälscht wurden.“

Der Ausschuss meldete die Unregelmäßigkeiten der Polizei. Als diese die zehn mutmaßlichen AfD-UnterstützerInnen dazu befragte, konnte sich niemand daran erinnern, eine solche Liste unterschrieben zu haben.

Die AfD habe laut Schur behauptet, die BulgarInnen seien mit einem Entzug ihrer Aufenthaltsgenehmigung bedroht worden, um ihre Unterstützung für die AfD zu leugnen. Diese Behauptung ist schnell entkräftet: „Um Unterstützerunterschriften zu leisten, muss man EU-Bürger sein“, erklärt Schur. BulgarInnen sind EU-BürgerInnen und benötigen keine Aufenthaltserlaubnis. Dementsprechend wären solche Einschüchterungsmaßnahmen vergeblich.

Die AfD Niedersachsen konnte bis Redaktionsschluss für eine Stellungnahme nicht erreicht werden.

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