Kolumne Berliner Galerien: Symbole der Unverwüstlichkeit

Beate Scheder empfiehlt Ahmed Öğüts temporäres Quartier bei Decad, europäischen Kunstraumaustausch und Valinia Svoronous Rave-Recherche.

Ahmet Öğüts „Intern VIP lounge“, im Rahmen von Museum ON/OFF, Centre Pompidou, 2016 Foto: © Centre Pompidou, Hervé Véronèse, 2016

Die nomadische Existenz des Künstlers ist Dreh- und Angelpunkt von Ahmet Öğüts Praxis. Vor Kurzem noch hat Öğüt die Galerie Wedding in seinen Arbeits-, Denk- und Ausstellungsraum verwandelt, jetzt hat er bei Decad ein neues temporäres Quartier für sein Studio gefunden. Der Projektraum ist kürzlich ins Ladenlokal im Vorderhaus gezogen, genug Platz für Öğüt, um zu arbeiten, seine Kunst aufzubewahren und um Gäste zu empfangen.

Der Konzeptkünstler hat unter anderem 2009 den türkischen Pavillon der Venedig-Biennale bespielt, 2012 die Silent University initiiert, eine Wissensplattform für Geflüchtete und Asylsuchende mit akademischem Hintergrund.

DecadBesichtigung nach Vereinbarung: ao.projectcoordinator@gmail.com, bis 23. 10.,Gneisenaustr. 52

Eine seiner jüngsten Arbeiten, die wortwörtlich zu verstehende „Intern VIP Lounge“, im Centre Pompidou drehte die Hierarchien des Kunstbetriebs um. Themen für Gespräche gibt es also genug, reguläre Öffnungszeiten hingegen nicht, aber nach Vereinbarung und mit Glück auch spontan kann man vorbeikommen.

Millennial-Alltag aus Belgrad

Uqbar, Do.–Sa. 14.30–18.30 Uhr, bis 28. 8.,Schwedenstr. 16

Gäste eingeladen haben auch die drei Weddinger Projekträume Copyright, Uqbar und Kronenboden: anlässlich des Project Space Festivals den Belgrader U10 Artspace. U10 gibt es seit vier Jahren als einen der wenigen Kunsträume der serbischen Hauptstadt überhaupt.

Gegründet von einer Gruppe junger Künstler_innen von der Szene für die Szene, bietet er Künstler_innen am Beginn ihrer Karriere ein Forum. In Berlin präsentieren die Macher von U10 nun sich und ihre Kunst, darunter in Öl gemalter Millen­nial-Alltag von Marija Šević, ein Video von Nemanja Nikolić, das Fluchtszenen aus Hitchcock-Filmen mit jugoslawischer sozialistischer Literatur kombiniert, und fragile Porzellanobjekte von Isidora Krstić.

Frankfurt am Main,Besichtigung nach Vereinbarung: info@frankfurt-am.com, bis 11. 9., Wildenbruchstr. 15

Überbleibsel der Ravekultur

Weiter in den Süden führte die Reise von Valinia Svoronou. „The glow pt. 2: gravity regimes“ – dank Kuratorin Rachel Walker nun bei Frankfurt am Main zu sehen – ist die Fortsetzung eines Projekts der Künstlerin auf der griechischen Insel Evia von 2015.

In Skulpturen, Zeichnungen und einem Video untersucht Svoronou mit dem Blick der Anthropologin Ravekultur und Partytourismus anhand ihrer Überbleibsel wie Knicklichtern und Zigarettenstummeln. Körper, die sich auf den Beat stupider Clubmusik biegen, verschwimmen mit subtilen Anspielungen auf menschliche Katastrophen, deren Schauplatz die griechischen Ferieninseln geworden sind. Dazwischen immer wieder Bilder kolossaler Felsen, Symbole der Unverwüstlichkeit der Natur.

Dieser Text erscheint im taz.plan. Mehr Kultur für Berlin und Brandenburg immer Donnerstags in der Printausgabe der taz

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