Rechtsstreit um Kreuzworträtsel-Kritzelei: Meine, deine, unsere Kunst

Eine Rentnerin füllt im Museum verbotenerweise ein Kreuzworträtsel aus. Nun beansprucht ihr Anwalt für sie das Urheberrecht an dem Kunstwerk.

Ein Kugelschreiber liegt auf einem Kreuzworträtsel, in welches das Wort "Meine" eingetragen wurde

Künstler Arthur Köpcke hätte vermutlich herzlich gelacht Foto: imago/Steinach

BERLIN taz | Beim Kreuzworträtseln ist die wichtigste Frage stets: Was gibt es zu gewinnen? Zimmerbrunnen, Handtuch-Sets oder Wellness-Wochenenden auf der schwäbischen Alb? Vielleicht gar ein Kunstwerk? Eine 90-Jährige hat jetzt beim Rätseln möglicherweise Urheberrecht an einem Kunstwerk gewonnen.

Die Rentnerin hatte Anfang Juli im Neuen Museum Nürnberg ihr Wissen und ihr Glück getestet. Sie begann, eine Collage des Fluxuskünstlers Arthur Köpcke (1928 bis 1977) in Form eines Kreuzworträtsels auszufüllen. Schließlich befanden sich auf dem Werk die Aufforderungen „insert words“ und „so it suits“ – und eine Absperrung habe es auch nicht gegeben. Gegen die Frau wird nun laut Süddeutsche Zeitung wegen gemeinschädlicher Sachbeschädigung ermittelt.

Ist das Kunstwerk mit einem Versicherungswert von 80.000 Euro nun zerstört oder hat die 90-Jährige es im Sinne des Künstlers konsequent fortgeführt? Ihr stilecht mit Kugelschreiber hinzugefügtes Wort, „wall“, ließ sich laut Museum mit etwas Lösungsmittel (immer gut für Kreuzworträtsel!) tilgen. Darüber hinaus gelangt die Arbeit von Arthur Köpcke so noch mal zu unverhofftem Ruhm.

Auch hat die ehemalige Zahnärztin offenbar nicht aus Ungeschick („L’acteur“, Picasso) oder Überdruss („Fett­ecke“; Beuys) gehandelt. Im Gegenteil: Sie als Einzige, erklärte ihr Anwalt Heinz-Harro Salloch, habe das Kunstwerk wirklich begriffen. In einer mehrseitigen Einlassung an die Nürnberger Kriminalpolizei behauptet er, durch ihre „belebende Weiterverarbeitung“ habe seine Mandantin sich ein eigenes Urheberrecht am Bild erworben.

Das sei nun durch Restauratorin nebst Lösungsmittel verletzt. Was bleibt, ist die Frage, ob der Fluxusgedanke als rebellischer Angriff auf das Kunstwerk – im bürgerlichen Sinn – durch die Rentnerin konsequent weiter gedacht wurde – oder ob sie ihn unterlief, indem sie der Aufforderung des Kunstwerks blind gehorchte. Zumindest der Privatsammler gibt sich gelassen. Arthur Köpcke hätte vermutlich herzlich gelacht.

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