Ticketskandal in Rio: Der typische Mauschelfunktionär

Der irische IOC-Funktionär Patrick Hickey soll in den illegalen Tickethandel verwickelt sein. Offenbar nicht zum ersten Mal.

Akkreditierung, Dokumente und Eintrittskarten

Eingesackt vom festgenommenen IOC-Funktionär Patrick Hickey Foto: ap

RIO DE JANEIRO taz | Patrick Hickey ist ein Funktionär alten Schlags. Als Chef aller Nationalen Olympischen Komitees (NOC) in Europa hat der Ire stets den Geist seines Vorgängers Juan Antonio Samaranch oder anderen Altvorderen geatmet.

Man machte seine Geschäfte, wickelte sie im Verborgenen ab, gab vor, von Skandalen nichts zu wissen, und wenn es um Menschenrechtsverletzungen ging, dann sagte Hickey stets, der Sport solle sich nicht in die Politik einmischen. Das Interna­tio­nale Olympische Komitee (IOC), in dessen Exekutive er bis zu seiner Verhaftung in Rio de Janeiro saß, könne souveränen Staaten nicht vorschreiben, was sie zu tun oder zu lassen hätten.

In Rio wollte man bei diesem typischen Mauschelfunktionär keine Milde mehr walten lassen. Wegen des Verdachts auf illegalen Tickethandel sitzt Hickey nun in Untersuchungshaft. Der Vorwurf: Eintrittskarten seien zu Wucherpreisen verkauft worden. Von 8.000 Dollar für ein Besuchspaket zur Eröffnungsfeier ist die Rede.

Hickey drohen bei einem Schuldspruch mehrere Jahre Haft. Für das IOC, das schon mit dem systematischen Doping in Russland ganz schön zu tun hatte, ist es der nächste Imageschaden im Reich der Ringe. Und: Hickey und sein Sohn Stephen waren wohl schon während London 2012 in eine Ticketaffäre verstrickt. Hickey ist im Übrigen der Mann, der die krude Idee der Europa-Spiele ausheckte. Sie fanden 2015 erstmals in Aserbai­dschan statt, unter der Regentschaft des allmächtigen Ilham Alijew, dessen Frau praktischerweise Sportministerin ist.

Hickey, der schon 1984 bei den Sommerspielen in Los Angeles als Teamleiter der irischen Judo-Kämpfer fungierte, wollte mit seinem European-Games-Projekt den „Sense of Europeanness“ stärken – und das ausgerechnet im quasifeudal geführten Staat des Alijew-Clans. Russland und Aserbai­dschan dominierten den Medaillenspiegel in Baku – ein Beispiel dafür, wie Sportverbände die politischen Ambitionen von Autokraten stärken.

2019 wollte Patrick Hickey, 71, die Europa-Spiele, für die es nach dem Rückzug von den Niederlanden keine ernsthaften Bewerber in West- und Südeuropa gibt, nach Russland (Sotschi und Kasan) vergeben. Hickey hat einen ganz guten Draht zu Russlands Sportminister Wladimir Mutko, Kopf des russischen Sport­betrugssystems. Wen wundert’s. Im IOC raunt man nun, es habe den Richtigen erwischt.

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