Riskantes Spiel der Hapag-Lloyd: Zusammen auch nicht stärker

Zukunft durch Wachstum lautet die Strategie für die Reederei Hapag-Lloyd. Das hat Konsequenzen für das Milliarden-Engagement der Stadt Hamburg.

Hapag-Lloyd zahlt bei jedem transportierten Container drauf Foto: dpa

HAMBURG taz | „Eine glückliche Hand“, wünscht der Sprecher der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) dem Vorstandsvorsitzenden Rolf Habben Jansen. Die guten Wünsche kann der Niederländer, Chef der dahindümpelnden größten deutschen Reederei, Hapag-Lloyd, gut gebrauchen. Denn nach einer kurzen Erholung in 2015 – nach jahrelangen Verlusten – folgten in den ersten sechs Monaten weitere Miese.

Die Aktionäre erhalten keine Dividende; die Aktie liegt weit unterhalb des Ausgabekurses vom Börsengang im November. Und auch die Prognosen, die Habben Jansen am Freitag auf der Hauptversammlung vor etwa 500 Aktionären in einem Hamburger Hotel abgibt, klingen kraftlos.

Die Kernbotschaft seines Rettungsprogramms lautet, „froh und stolz zu sein, ein weiteres Mal zur Konsolidierung der Weltschifffahrt beizutragen“. Kaum ist der 2014 begonnene Zusammenschluss mit der mittelgroßen chilenischen Reederei CSAV nahezu abgeschlossen, soll eine Fusion mit der United Arab Shipping Company (UASC) folgen. Dessen Ankeraktionäre: Qatar und Saudi-Arabien. Konsolidierung ist das Zauberwort der maritimen Branche: Nach acht Jahren Dauerkrise sollen wenige Mega-Reedereien endlich wieder einträgliche Geschäfte machen.

Um einen Ausverkauf an die Konkurrenz zu verhindern, kaufte die Stadt Hamburg 2009 für rund 1,2 Milliarden Euro Hapag-Aktien vom Reisekonzern TUI.

Die Kosten für die auf Kredit finanzierten Aktien von 48,5 Millionen Euro pro Jahr stehen jährliche Einnahmen aus Bürgschaftsprovisionen von 11,5 Millionen Euro gegenüber.

Nach der jetzigen Fusion wird der Anteil der Stadt nur noch 14,9 Prozent betragen. Zusammen mit dem Anteil von 14,6 Prozent des Hamburger Logistikunternehmers Klaus-Michael Kühn, reicht dies aber für eine Sperrminorität: Nichts geht gegen den Willen der beiden.

Eine Sperrminorität werden aber zusammen auch die sechs arabischen Staaten haben, denen bislang UASC gehörte.

Ein Minus von 20 Prozent

In der Vergangenheit hatten die traditionsreichen Hanseaten vor allem auf Qualität gesetzt. Exportindustrie und Logistikkunden konnten sich auf Fahrpläne und den Tür-zu-Tür-Service verlassen. Doch der schwächelnde Welthandel, Überkapazitäten an Schiffsraum und fallende Preise machten einen dicken Strich durch die Rechnung. So sank die ohnehin magere Frachtrate in den ersten sechs Monaten um 254 auf 1.042 US-Dollar pro Container (TEU). Ein Minus von 20 Prozent.

Nun soll es die Größe richten. Doch von den 175 Containerfrachtern, die Hapag-Lloyd gehören, zählen nur zehn zu den großen Schiffen. UASC ist zwar eher ein regionaler Spieler im arabischen Raum, besitzt aber dicke Pötte, auf die Habben Jansen hofft. 14 neue Megafrachter mit Platz für bis zu 18.000 TEU fahren für die Reederei, weitere sind geordert.

Banken und Behörden in vielen Ländern dürften bis Ende des Jahres der Fusion zustimmen. Der Aufsichtsrat wurde am Freitag schon einmal um vier Plätze für Manager von UASC erweitert.

Hohes „Integrationsrisiko“

Habben Jansen verspricht wie schon bei der Fusion mit den Chilenen erhebliche Kosteneinsparungen im dreistelligen Millionenbereich. Büros könnten zusammengelegt werden – Hapag ist in 118 Ländern mit 366 Vertriebsstellen präsent. Und Ladung, die bislang teuer in zwei Schiffen auf derselben Linie transportiert werde, komme zukünftig mit einem großen Megafrachter aus.

Realistischerweise dürften Habbens „Synergien“ erst ab 2019 nennenswert zu spüren sein. Doch der zentrale deutsche Ankeraktionär, der Hamburger Senat, trägt diese Strategie mit. Man halte die Anteile „langfristig“, versichert ein Sprecher von SPD-Finanzsenator Peter Tschentscher der taz auf Anfrage. Das Engagement sei 2009 nicht eingegangen worden, um kurzfristig Rendite zu erzielen, sondern „aus standortpolitischen Erwägungen“.

Zustimmung zu der riskanten Strategie gibt es von der Kleinaktionärslobby DSW. Der Plan sei „notwendig“. Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger verweist hingegen auf das hohe „Integrationsrisiko“ von Fusionen. Nur jede zweite ist erfolgreich, wissen Ökonomen. Und gerade die Megafrachter seien heute schlecht ausgelastet. Vor allem in diesem Segment tobe der Preiskampf besonders scharf.

Dass Größe allein nicht ausreicht, zeigt zurzeit Maersk. Bei der weltgrößten Reederei brachen im ersten Halbjahr 2016 die Gewinne um 90 Prozent ein. Nach der Fusion wäre Hapag-Lloyd zwar die Nummer vier unter den Containerreedereien, aber dennoch erst halb so groß wie Maersk. Damit nicht genug: Dutzende neue Riesenpötte drängen bis 2018 auf den Markt. Die Frachtraten dürften daher weiter auf Tauchstation bleiben – und die neue Hapag-Strategie glücklos.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.