Wir sehen uns ganz bestimmt wieder nächstes Jahr

NEUKÖLLN Off-Kultur verschaffte lokalen Künstlern Aufmerksamkeit. Zur Konkurrenz mit dem Festival „Pop-Kultur“ reicht es nicht

Als die Macher der Neuköllner Off-Kultur sich vor sechs Wochen überlegt hatten, kurzfristig ein Festival zu organisieren, das exakt an denselben drei Tagen stattfinden sollte wie das mit Senatsgeldern finanzierte „Pop-Kultur“-Festival, wollten sie ihren eigenen Event noch eher als Alternative, als Ergänzung zur großen, vom Berliner Musicboard durchgeführten Veranstaltung verstanden wissen.

„Pop-Kultur“ findet in diesem Jahr in Neuköllner Clubs statt und will die Szene des Stadtteils auch abbilden, doch wo bleiben da die lokalen Künstler? Diese Frage führte zu der Motivation, diese Bands aus dem Kiez eben selbst für Auftritte einzuladen. Doch in den letzten Tagen wurde aus dem eigenbrötlerischen Spontanfestival dann doch eine Art Gegenveranstaltung. Ein regelrechter Festivalantagonismus wurde ausgerufen, sogar das ARD-Nachtmagazin“ interessierte sich plötzlich für das vermeintliche Thema.

Nix gegen Subventionen

Richtig glücklich sind die Macher von Off-Kultur mit dieser Charakterisierung nicht. Sie finden auch nicht alles schlecht an „Pop-Kultur“, und gegen subventionierte Popmusik an sich haben sie auch nichts einzuwenden. Aber dass für Spitzfindigkeiten ihrer Kritik bei dem nun ausgerufenen Kampf um Neukölln gerade kein Raum ist, damit kann Anton Teichmann, einer der Veranstalter von Off-Kultur (…) gut leben. „Eine Debatte wurde angeregt“, sagt er, und das sei das Ziel seines ohne Budget organisierten Festivals gewesen.

Dass Off-Kultur ganz gut angenommen wurde, konnte man beim Abklappern partizipierender Clubs am zweiten Festivaltag schon allein daran erkennen, dass diese schon von Weitem anhand der Menschentrauben vor den Türen zu identifizieren waren. Was auch daran gelegen haben mag, dass Läden wie Donau 115 oder Loophole mit 30 Konzertbesuchern ohnehin gut gefüllt wirkten. Aber auch beim Auftritt der Band Le Vent, die in der Bowlingbahn der Finalen Sportsbar spielte, herrschte Gedrängel.

In jedem Off-Kultur-Laden gab es eine andere Atmosphäre. Im Ficken 3000 gab es, als man vorbeischneite, gerade technische Probleme, weswegen Hipster und Schwule gemeinsam darauf warteten, dass wieder etwas passiert, während ein Vintage-Schwulen-Porno lief. In der schottischen Exilkneipe Gift legte ein DJ auf und es war hier wie eigentlich immer, während man nach dem letzten Song von Tendre Biche, ihrem sonnigen Szenehit „California“, dachte, der Auftritt der Synthiepopperinnen könnte jetzt ruhig noch zwei Stunden länger gehen.

Wird es nun ein Wiedersehen mit Off-Kultur im nächsten Jahr geben? Vielleicht sogar – warum denn auch nicht? – als Co-Partner von „Pop-Kultur“? Anton Teichmann winkt vorerst ab. „An nächstes Jahr“, sagt er, „daran denken wir überhaupt nicht.“ Andreas Hartmann