Farah Dibas Kunstsammlung im Iran: Aus dem Keller geholt

Seit 1979 befand sich die Sammlung der Schah-Gattin weitgehend unter Verschluss. In Berlin sind die Kunstwerke demnächst zu sehen.

Farah Diba neben ihrem Mann, dem Schah

Farah Diba umgab sich mit schönen Dingen, die jetzt auch in Berlin zu sehen sein werden (Archivbild 1979) Foto: ap

Jahrelang wurde hinter den Kulissen verhandelt, nun ist es so weit: Ab 4. Dezember wird die Nationalgalerie in der Gemäldegalerie einen Teil der von der Gattin des letzten Schahs, Farah Diba, aufgebauten Kunstsammlung in Berlin präsentieren.

Das gaben Staatliche Museen zu Berlin – Stiftung Preußischer Kulturbesitz sowie das Goethe-Institut in einer gemeinsamem Erklärung am Dienstagabend bekannt. Deutsche und Iraner hätten sich auf einen gemeinsamen Modus der Präsentation verständigen können. Demnach würden „rund 60 herausragende Werke US-amerikanischer und europäischer Kunst“, darunter Gemälde von Jackson Pollock, Mark Rothko oder Francis Bacon, „gemeinsam mit Künstlerinnen und Künstlern der iranischen Moderne wie Faramarz Pilaram, Mohsen Vaziri Moghadam oder Behjat Sadr“ in Berlin gezeigt, später auch an anderen Stätten wie dem Maxxi in Rom.

Sollte die Ausstellung nun tatsächlich wie angekündigt stattfinden, wäre Außenminister Steinmeier und seinen Mitstreitern im Kulturbetrieb tatsächlich ein Coup gelungen. Nicht nur, dass man eine der wertvollsten Sammlungen westlich geprägter Kunst außerhalb Europas und der USA erstmals seit der islamistischen Revolution von 1979 der europäischen Öffentlichkeit präsentieren könnte. Auch die öffentliche Darstellung der künstlerischen Positionen an sich gelten in einem Land wie Iran als ein Politikum. Und werden, wie das große Interesse bei jungen Iranern an zeitgenössischer Kunst immer wieder beweist, auch im Inland als solches aufgefasst.

Zweifel sind allerdings bei Vereinbarungen mit dem iranischen Regime immer angebracht. Ob man tatsächlich mit dem Atom-Abkommen den Bau der Bombe verhindert hat, oder ob nur besser getarnt weiter daran gearbeitet wird; und ob eine Kunstschau wie im Dezember vor allem dazu beiträgt, im Ausland Liberalität („Dialogbereitschaft“) zu behaupten, die es im Inland gar nicht gibt, wer vermag dies eindeutig abzusehen?

Antijüdischer Museumsdirektor

Bereits im Vorfeld wurde heftig über das Für und Wider einer angestrebten Kooperation mit dem iranischen Regime und seinen Kulturinstitutionen debattiert. Insbesondere seit 2015 bekannt wurde, dass der Direktor des Teheraner Museums für Zeitgenössische Kunst (TMoCA), Majid Mollanoruzi, sich auch prominent antijüdisch betätigte. Er engagierte sich bei dem vom Regime veranlassten künstlerischen Provokationen gegen den Westen und Israel im Zuge des internationalen Karikaturenstreits. Deutschen Medien galt Mollanoruzi bis dahin eher als ein „Protagonist der neu zur Schau gestellten Offenheit“ (FAZ) des Reformlagers der moderat-islamistischen Regierung Rohanis.

Nun, 2016 in Berlin, scheint der Direktor des TMoCA von repräsentativen Aufgaben freigestellt worden zu sein. Zu heikel wäre seine Präsenz auch für die deutsche Außenpolitik, wo doch die Schau – wie allenthalben zu hören ist – das Verhältnis zwischen dem Westen, also auch Israel!, und dem Mullah-Regime verbessern soll.

Nun soll statt dem umstrittenen Teheraner Museumsdirektor das iranische Ministerium für Kultur und islamische Führung unmittelbar selbst für die Berliner Schau verantwortlich zeichnen. Was allerdings nun nicht unbedingt beruhigend wirken muss. Im August letzten Jahres scheiterte ein von Bundesaußenminister Steinmeier initiiertes Konzert Daniel Barenboims und seines Orchesters im Iran. Ein Sprecher des iranischen Ministerium für Kultur und islamische Führung verkündete damals, man arbeite nicht mit zionistischen Künstlern zusammen. Dirigent Barenboim bekennt sich neben seiner argentinischen, spanischen, palästinensischen auch zu seiner israelischen Herkunft und Staatsbürgerschaft.

Man könnte hier nun fortfahren und aufzählen, was alles noch gegen eine Kooperation mit Kulturfunktionären des iranischen Regimes politisch spricht: Bodentruppen auf Assads Seite in Syrien, Unterstützung und Finanzierung antiwestlicher Terrororganisationen wie der Hisbollah. Oder die Hinrichtungswelle, die den Iran ausgerechnet mit dem Amtsantritt Rohanis erfasst hat; Menschenrechtsorganisationen sprechen von höheren Opferzahlen als unter dem so gefürchteten Vorgängerpräsidenten Ahmadinedschad.

Repression und Verhaftungen

Und dann noch all die Verhaftungen und die Repressionen gegen Oppositionelle, Künstler, Filmschaffende oder Journalisten – es sind traurige Dauerthemen. Zudem es den Hardlinern des Regimes und Gegnern Rohanis zuzutrauen ist, ausgerechnet zur Eröffnung einer solchen Ausstellung für besonders negative Schlagzeilen zu sorgen. Staatsoberhaupt im Iran ist ja nicht ein gewählter (islamistischer) Präsident, sondern der geistliche Führer, der als Stellvertreter Gottes auf Erden zu betrachten ist und der mit seinen Mullahs die Gesetzes- und Waffenhoheit innehat.

All dies vorausgeschickt und einschränkend – und ohne detaillierte Kenntnis der Sammlung und der Auswahl der dann tatsächlich gezeigten Exponate –, könnte die geplante Schau in Berlin aber doch eine große Chance für die iranische wie die deutsche Seite sein.

Ganz nüchtern gesagt: Die Sammlung Farah Dibas verfügt nach Einschätzung der Kunstkritiker nicht nur über eine der größten Bestände westlicher Kunst des 20. Jahrhunderts außerhalb Europas und der Vereinigten Staaten. (Die Pahlevis investierten Millionen in diese Kunstwerke, die heute im Besitz des Staates Milliarden Euro wert sein sollen.) Sie verbindet diese Werke, wie es in der offiziellen Pressemitteilung nun heißt, eben „auch mit wichtigen Positionen der iranischen Kunst, insbesondere der 1960er und 1970er Jahre“.

Sie sollte damit das Potenzial haben, ein verschüttetes Bild auf einen Iran freizulegen, der die Freiheit schon in sich trug, von der aber zu viele gesellschaftlich ausgeschlossen waren. Gut, und wenn man Pech hat, schwebt mit ihr auch die ein oder andere vergiftete Botschaft mit ein, was aber auszuhalten sein sollte.

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