Leben, Umwelt und Verkehr: Keine Chance für Tempo 30

Anwohnerinnen der Max-Brauer-Allee kämpfen gegen Luftbelastung und Lärm. Sie befürchten, dass diese Themen beim Umbau der Straße keine Rolle spielen

Diese Straße macht krank. Daran wird der Umbau nichts ändern, fürchten AnwohnerInnen Foto: Angelika Warmuth (dpa)

Die Max-Brauer-Allee ist laut und gesundheitsgefährdend. Sie gehört zu den vier Straßen in Hamburg, auf denen der EU-Grenzwert für Stickstoffdioxid kräftig überschritten wird. Doch mit ihren Versuchen, dagegen anzugehen, sind die Bewohnerinnen des an der Straße liegenden Nyegaardstifts bisher immer gescheitert. Jetzt erwägen sie, die Stadt zu verklagen.

Der EU-Grenzwert für Stickstoffdioxid gilt seit 2010. Dass er damit ein Problem hat, weiß der Senat spätestens seit November 2014, als ihn das Verwaltungsgericht dazu verurteilte, „den gültigen Luftreinhalteplan so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Immissionswertes für NO2 von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter enthält“.

Geklagt hatten der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) sowie ein Anwohner. Nach Schätzung des BUND sind rund um die vier problematischen Messstellen etwa 200.000 Menschen der gesundheitsschädlichen Wirkung von Stickstoffdioxid ausgesetzt. Als sich mehr als ein Jahr später immer noch nichts an dem Schadstoffeintrag geändert hatte, beantragte der Verband im Februar beim Gericht ein Zwangsgeld gegen den Senat.

BUND-Geschäftsführer Manfred Braasch warf dem inzwischen rot-grünen Senat vor, auf Maßnahmen wie Tempolimits und Umweltzonen zu verzichten, wie sie in anderen Städten angewandt werden. Die Umweltbehörde vertröstete die Kläger auf das Jahr 2017. „Ein paar Maßnahmen auf einen Zettel zu schreiben, das ginge bis morgen früh“, sagte ein Behördensprecher. Die Stadt müsse die Wirksamkeit möglicher Maßnahmen berechnen und auch belegen, woran gearbeitet werde.

Den Bewohnerinnen des Nyegaardstifts ist das zu spät, zumal es im Oktober eine Planungswerkstatt zum Umbau der Max-Brauer-Allee im Rahmen des Busbeschleunigungsprogramms geben soll. „Wie auch immer die Planung aussehen wird, sie erfolgt ohne den Luftreinhalte- und Lärmminderungsplan“, kritisiert die Anwohnerin Charlotte Lill.

Bereits im Februar hatte sie als Mitglied des Altonaer Seniorenbeirats darauf hingewiesen, dass die hohe Stickstoffdioxidbelastung die Gesundheit der Anwohner gefährde. Maria Wendeler, die ebenfalls im Nyegaardstift wohnt, führt ihre häufigen Bronchialerkrankungen und Lungenentzündungen auf den Schadstoff zurück. Zudem sei wegen des Verkehrs tagsüber „eine normale Unterhaltung bei geöffnetem Fenster nicht möglich“.

Im Juni hat sie deshalb „verkehrsbeschränkende Maßnahmen“ beantragt: Die Höchstgeschwindigkeit solle auf 30 Stundenkilometer begrenzt und ein Durchfahrverbot für Diesel-LKW erlassen werden. Doch die Polizei erteilte ihr eine Abfuhr: Auf der Max-Brauer-Allee verkehrten täglich 28.000 Kraftfahrzeuge, davon fünf Prozent schwere LKW. Auf einer solchen Hauptverkehrsstraße Tempo 30 anzuordnen, sei nicht zulässig. Auf welchen Straßen nachts aus Lärmschutzgründen Tempo 30 angeordnet werden könne, werde noch geprüft.

Wendeler hat dem Bescheid widersprochen. Und wenn das nichts nützt? „Dann müssen wir klagen“, sagt Lill. Der Fahhradclub ADFC will das unterstützen.

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