Streit um Armenien-Resolution: Türkische Botschaft lobt

Die Bundesregierung hat sich nochmals zur Armenien-Resolution geäußert. Armenische Interessenverbände in Deutschland kritisieren die Stellungnahme.

Ein Mann spricht vor blauen Hintergrund

Da musste er durch: Regierungssprecher Steffen Seibert Foto: dpa

DÜSSELDORF/ESSEN/BERLIN epd/dpa | Die türkische Botschaft in Berlin hat die Stellungnahme der Bundesregierung zur Armenien-Resolution des Bundestages begrüßt. „Wir sehen das generell eher positiv“, sagte Botschaftssprecher Refik Sogukoglu den Zeitungen der Essener Funke Mediengruppe. Er lobte die Äußerung des deutschen Regierungssprechers Steffen Seibert, „dass den Gerichten die Entscheidung obliegt, was Völkermord ist – und nicht dem Parlament“.

Die Türkei stimme darüber hinaus „Seiberts Bewertung zu, dass die Bundesregierung nicht immer die gleiche Meinung haben muss wie der Bundestag“, sagte Sogukoglu. Seibert hatte am Freitag erklärt, bei der Resolution handele es sich um einen Entschließungsantrag des Bundestags, in dem der Begriff „Völkermord“ verwendet werde, ohne dass dieser rechtsverbindlich sei. Er bestritt aber zugleich, dass sich die Regierung von der Bundestags-Erklärung distanzieren wolle, um die Beziehungen zur Türkei wieder zu verbessern.

Vertreter der armenischen Interessenverbände in Deutschland kritisierten die Stellungnahme der Bundesregierung. Samuel Lulukyan vom Zentralrat der Armenier warf Seibert eine peinliche und chaotische „Spielerei mit Worten“ vor. In der Bundestagsresolution gehe es um die deutsche Mitverantwortung am Massaker an den Armeniern und um die Frage, was in den Schulbüchern stehe, sagte Lulukyan der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“. „Wie kann das keine rechtliche Wirkung haben?“

Ähnlich äußerte sich der Vorsitzende der Deutsch-Armenischen Gesellschaft, Raffi Kantian. „Ich hätte mir gewünscht, dass nach einer Reihe von guten Entwicklungen die Bundesregierung wenigstens stillhält und die Resolution nicht beschädigt durch eine öffentliche Äußerung“, sagte er der Zeitung. Er fürchte nun, dass die Bundesländer weniger Anlass hätten, den Völkermord an den Armeniern im Schulunterricht besprechen zu lassen – dies hatte der Bundestag angeregt.

Der Bundestag hatte am 2. Juni die Vertreibung und Ermordung von 1,5 Millionen Armeniern vor 100 Jahren im osmanischen Reich als Völkermord eingestuft und war damit auf erbitterten Protest der Türkei gestoßen. Die türkische Regierung zog ihren Botschafter ab. Ankara untersagte außerdem deutschen Abgeordneten den Besuch auf dem Luftwaffenstützpunkt Incirlik im Osten der Türkei, wo Bundeswehr-Einheiten stationiert sind. Von dort fliegt die internationale Koalition Einsätze gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS).

Laut Frankfurter Rundschau unternehmen Bundestagsabgeordnete derzeit einen neuen Versuch, die deutschen Soldaten auf dem Nato-Stützpunkt im türkischen Incirlik zu besuchen. Die Reiseplanung der Verteidigungspolitiker stehe, sagte der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion Rainer Arnold der Zeitung. Als Termin nannte er den 4. Oktober 2016.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.