Wir schaffen das – fair!

Flüchtlinge Eine libanesische Fairhandelsorganisation kümmert sich auch um Syrer, über eine Millionen Menschen suchen Schutz vor Krieg und Verfolgung

Libanesische werden mit syrischen Frauen für den Arbeitsmarkt fit gemacht

von Volker Engels

Mehr als eine Millionen geflüchtete Menschen lebten Ende Juni 2016 nach Angaben des Flüchtlingswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) im Libanon. Ein Großteil von ihnen hat weder Arbeit noch Perspektiven und lebt unter unwürdigen Lebensbedingungen. Dass auch diese Menschen ein Auskommen finden, dafür setzt sich die libanesische Produzentenorganisation Fair Trade Lebanon ein.

Seit mehreren Jahren arbeitet El Puente als deutscher Importeur von fair produzierten Produkten mit Fair Trade Lebanon zusammen. „Besonders die Landbevölkerung im Libanon hat große Probleme, ihre Waren zu vermarkten und zu verkaufen“, sagt Geschäftsführer Martin Moritz. Insgesamt kooperiert Fair Trade Lebanon mit mehr als 30 Familienbetrieben und Kleinstunternehmen mit rund 850 Produzenten und Produzentinnen. Rund die Hälfte davon sind Frauen.

Vor zwei Monaten hat Moritz libanesische Produzenten und deren Familien besucht: „Was ich dort gesehen habe, war sehr ermutigend – man spürt bei allen Schwierigkeiten, die das Land hat, eine Aufbruchstimmung.“

In drei Projekten von Fair Trade Lebanon werden libanesische Frauen zusammen mit geflüchteten syrischen Frauen für den Arbeitsmarkt fit gemacht. „Es ist ein zentrales Thema für uns, Frauen zu stärken, um die lokale Entwicklung voranzubringen“, sagt Mona Bouazza, bei Fair Trade Lebanon für das Marketing zuständig. Gerade in ländlichen Regionen führe das dazu, „dass diese Frauen mehr verdienen und ökonomisch widerstandsfähiger werden“.

Die Frauen lernen zum Beispiel, wie Früchte verarbeitet und veredelt werden oder wie Kichererbsenpüree hergestellt wird – und das zu Standards, wie sie auch in Europa gelten. „In der Akkar-Region haben wir 200 Frauen in Kursen geschult, in denen es um Fairtrade und Hygienestandards aber auch um die Vermarktung der Erzeugnisse ging“, so Bouazza weiter. Zum Programm gehörten auch Kochkurse. In einer Schulung in Beirut lernen Frauen darüber hinaus, wie man das Catering für Familienfeste und größere Veranstaltungen auf die Beine stellt.

Außerdem erhalten die Teilnehmerinnen das Know-how, um Kooperativen oder Betriebe zu gründen. Die berufliche Qualifikation der Frauen wird mit Prüfungen und Zertifikaten abgeschlossen, sodass sie einen Nachweis für mögliche weitere Arbeitgeber haben. Diese Qualifizierungsmaßnahmen werden aus Mitteln der Vereinten Nationen gefördert.

Ein Ziel von Fair Trade Lebanon ist es, dass die Wertschöpfung im eigenen Land bleibt. „Bei vielen fair gehandelten Lebensmitteln ist es gängige Praxis, dass die Rohstoffe, wie zum Beispiel Kaffee, Zucker oder Kakao, in Europa weiterverarbeitet werden.“ Produkte, wie das Auberginenpüree Baba Ganoush oder Hummus werden nicht nur im Libanon angebaut, sie werden auch nach traditionellen Rezepten weiterverarbeitet und verpackt. „Weil die Wertschöpfung, die Weiterverarbeitung und die Verpackung ebenfalls im Anbauland stattfindet, profitieren viele Menschen vor Ort“, sagt Moritz.

Das sei auch für junge Menschen im Libanon wichtig, betont Bouazza, „die wegen der schlechten ökonomischen Situation im Libanon erst ihre Stadt und dann das Land verlassen müssen“. Bei seinem Besuch im Libanon hat Moritz hautnah erlebt, welche Erwartungen die Produzenten an ihre europäischen Partnerorganisationen haben. „Ich wurde immer wieder gefragt, ob es auch in den kommenden Jahren weitergeht und die Nachfrage nach libanesischen Produkten anhält.“ Die Bauern und Produzenten müssten das Vertrauen gewinnen, „das es Sinn ergibt und sich lohnt, in die Zukunft zu investieren.“ In der Vergangenheit hätten viele die Erfahrung gemacht, dass Krieg und Vertreibung die Früchte ihrer Arbeit zerstört habe. Für ihn ist es eine gute Nachricht, dass er seinen libanesischen Partnern vermitteln konnte, dass die Nachfrage in Deutschland wächst. „Besonders die verarbeiteten Produkte laufen gut.“ Manchmal sei es sogar schwierig, ausreichend Waren zu bekommen: „Die Produzenten liefern nicht, wenn sie nicht sicher sind, dass sie die vereinbarten Qualitätsstandards halten können.“

Mona Bouazza geht es in erster Linie darum, die Lebensbedingungen der Menschen im Land zu verbessern. „Wir wollen aber auch zeigen, welche einmalige kulinarische Vielfalt der Libanon zu bieten hat. Denn kulinarische Schätze und Traditionen „drohen zu verschwinden“.

Mona Bouazza reist anlässlich der Fairen Woche vom 17. bis zum 30. September im Rahmen einer Vortragsreise durch Deutschland. Termine und weitere Informationen gibt es unter http://www.el-puente.de/fairtrade/de/66,,news,,2/News/Aktuelles.html