Berlinmusik
: Fuck, Ballack

Was gibt es denn da zu fluchen, Hush Moss? Auf der Facebook-Seite der Band dieses Namens war kürzlich ein großgeschriebenes „FUCK“ zu lesen. Die Gruppe aus Israel, die in Berlin gestrandet ist, wollte damit allerdings nur Erstaunen kundtun: „We’re The Guardians New Band Of The Week“, schreiben sie und erklären, dass die britischen Gazette sie zum hot shit auserkoren hat.

Anlass ist die neue 8-Song-EP von Hush Moss „It Takes A Lot (I.T.A.L.)“ – auf dieser werden eher die Worte Funk, Disco und Soul großgeschrieben. Man fühlt sich in die Frühzeit von Giorgio Moroder versetzt, muss an Barry White oder George Michael denken und malt sich zu den Saxofoneskapaden den Softporno als bildliches Äquivalent aus. Warum klingt das eigentlich immer gleich ironisch, wenn man derlei Softpop zu Funk-Gitarrenlicks hört? Da könnte man mal drüber nachdenken.

Andere Frage: Haben Sie schon mal Stoner Rock mit Punk-Attitüde in Berliner Mundart gehört? Nee? Dann hören Sie Blutige Knie. Das Duo mit dem stilvollen Namen hat das Genre auf seinem Debütalbum „Mucker, Booker, Wichtigtuer“ erfunden und eine Lücke im Berliner Musikbetrieb geschlossen. Die Eigenbeschreibung der Band zeigt ganz gut, worum es geht: „Ick hab mal wieder Bock Krach zu machen – Lass treffen.“

Aber, dass es doch etwas mehr als bloßer Krach ist, den die beiden Friedrichshainer Timo Tolkmitt und Till Trenkel fabrizieren, lässt sich schon an den Liedertiteln inspizieren. Der titelgebende Song „Mucker, Booker, Wichtigtuer“ dürfte selbsterklärend sein und beschäftigt sich mit den netten Menschen der Musikbranche, „In Berlin“ nimmt das Partyhauptstadt-Klischee ins Visier, „W.T.F.“ ist ein kurzes Dokument des Angepisstseins: „What the Fuck are you talking about?“ Womit wir wieder beim Fuck wären.

Einen kleinen Hit hatten Blutige Knie übrigens auch schon auf dem 10-Track-Album. Nach der WM 2014 gaben sie mit „Sind nicht Weltmeister“ ein Statement zur kollektiven Vereinnahmung des WM-Titels: „Schweini, Poldi und der Mesut Özil / die sind Weltmeister, doch nicht du / Benedikt Höwedes und Shkodran Mustafi sind Weltmeister / doch nicht du“. Jene also hatten alles Recht sich zu feiern, während wir anderen mal stillhalten sollten. Denn: „Michael Ballack ist kein Weltmeister / janz jenau wie du“. Jens Uthoff

Hush Moss: “It Takes A Lot“ (Average Negative), 22. 10. Kühlhaus, 4. 11. Marie Antoinette

Blutige Knie: „Mucker, Booker, Wichtigtuer“ (Bakraufarfita Records)