Das Ölkartell lebt noch

Rohstoffe Die Opec beschließt überraschend eine Reduzierung der Erdölförderung. So soll der Preisverfall gestoppt werden. Experten sind skeptisch, ob das funktioniert

Schmierstoff für die Weltwirtschaft – und für Diktaturen: Ölfeld im Persischen Golf Foto: Raheb Homavandi/reuters

Von Richard Rother

BERLIN taz | Sind die Zeiten niedriger Ölpreise schon vorbei, weil die Opec die Produktion drosseln will? Zwar sind Zweifel daran angebracht – dennoch war die Entscheidung der Organisation erdölexportierender Länder, eine Obergrenze für die Ölförderung einzuziehen, eine große Überraschung. Die Opec hatte am Mittwochabend eine Beschränkung des täglichen Produktionsvolumens auf 32,5 bis 33 Millionen Barrel (je 159 Liter) beschlossen. Die Entscheidung bedeute eine Absenkung der Produktion um fast 750.000 Barrel täglich gegenüber dem August dieses Jahres, hieß es.

Die Ölpreise an den Rohstoffbörsen zogen sofort um über 6 Prozent an. Allerdings ging es am Donnerstag schon wieder leicht nach unten. Nach der Überraschung über die unerwartete Einigung innerhalb der zerstrittenen Opec habe sich am Markt wieder Skepsis breitgemacht, berichteten Händler. In der Opec seien beschlossene Fördergrenzen in der Vergangenheit immer wieder missachtet worden.

Algeriens Energieminister Noureddine Boutarfa sprach dennoch von einer „historischen Vereinbarung“, die zur Stabilisierung der Märkte beitragen werde. Das internationale Ölkartell will auch den Dialog mit Staaten suchen, die nicht Mitglied der Opec sind, und so für eine gemeinsame Marktstabilisierung sorgen.

Insbesondere Russland – neben den USA, Großbritannien und Norwegen wichtiges Ölland außerhalb der Opec – leidet unter den niedrigen Ölpreisen. Weil der Verkauf des Rohstoffs weniger Geld einbringt, gerät der Staatshaushalt aus den Fugen. Russland hätte also ein Interesse an höheren Ölpreisen. Gleichzeitig wird es aber kaum weniger Öl als bisher exportieren wollen.

Auch der Iran, der nach dem Ende der Sanktionen ins Ölgeschäft einsteigen will, sieht für sich noch Nachholbedarf beim Ausbau der Förderung. Möglich wäre, dass die anderen Ölförderländer, die jahrelang von hohen Ölpreisen profitierten, den Iranern entgegenkommen – und eine begrenzte Erhöhung der Produktion erlauben.

Zieht der Ölpreis wieder an, würde das umstrittene Fracking in den USA und Kanada wieder attraktiver werden – was die Opec-Staaten nicht liefern, könnten dann die Amerikaner übernehmen. Da die Konjunktur in vielen Ländern der Welt derzeit lahmt, ist zudem nicht mit einer raschen Ausweitung der Nachfrage nach Öl zu rechnen – auch das dämpft den Preisanstieg.

Viele Ölförderländer leiden unter den niedrigen Preisen für das schwarze Gold

Sollte die von der Opec beschlossene Fördergrenze in der ersten Hälfte des nächsten Jahres eingehalten werden, könnte dies die Ölpreise um 7 bis 10 US-Dollar je Barrel steigen lassen, analysierte die US-Investmentbank Goldman Sachs. „Die überraschende Einigung sollte nicht überbewertet werden“, meint die Privatbank Metzler. Es gebe weiterhin ein weltweites Überangebot an Öl.

Für die Verbraucher in Deutschland dürfte sich kurzfristig nicht viel ändern. Benzin, Diesel und Heizöl sind vergleichsweise günstig. Kleinere Kursaufschläge an den Börsen haben kaum Einfluss. Und die Gaspreise haben sich vom Ölpreis abgekoppelt – das behaupteten die Versorger, als sie in Zeiten sinkender Ölpreise am relativ hohen Gaspreis festhielten. Das müsste nun auch bei steigenden Ölpreisen gelten.

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