Gastkommentar Israel-Gegner im Norden: Alles Antisemiten!

Antiisraelische Lehre wie an der Hochschule Hildesheim sei kein Einzelfall, meint „Jerusalem Post“-Korrespondent Benjamin Weinthal. Er fordert Konsequenzen.

Israelische Soldaten halten palästinensische Jugendliche mit vorgehaltenem Gewehr in Schach

Allzu klares Täter-Opfer-Schema? Israelische Soldaten und palästinensische Jugendliche Foto: dpa

Vor wenigen Tagen ist die Dekanin der Fakultät Soziale Arbeit und Gesundheit an der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) in Hildesheim, Christa Paulini, von ihrem Amt zurückgetreten. Damit zog sie die Konsequenz aus der immer lauter werdenden Kritik an einem Seminar, das unter dem Titel „Die soziale Lage der Jugendlichen in Palästina“ zehn Jahre lang an der HAWK angeboten worden war.

In diesem Seminar wurde Israel in extremer Weise an den Pranger gestellt, die Unterrichtsmaterialien für die Studentinnen und Studenten bestanden zu großen Teilen aus antiisraelischer Propaganda. So wurde beispielsweise in einem Text um Verständnis für Selbstmordattentate geworben, in einem anderen wurde die Behauptung erhoben, dass israelische Soldaten die Organe von Palästinensern stählen – eine krude Verschwörungstheorie, die sich an die antisemitische Ritualmordlegende anlehnt.

Auf die seit Juli beständig zunehmende Kritik, die unter anderem vom Zentralrat der Juden in Deutschland, der Amadeu-Antonio-Stiftung und verschiedenen Politikern geäußert wurde, reagierte die Präsidentin der Hochschule, Christiane Dienel, stets uneinsichtig und teilweise patzig.

Als etwa der Sprecher des israelischen Außenministeriums, Emmanuel Nahshon, sagte, die HAWK sei „keine Hochschule, sondern eine Hassfabrik“, ging Dienel zum Gegenangriff über und keifte via Twitter: „Wer ist hier die Hassfabrik?“ Im niedersächsischen Landtag kritisierten Politiker von SPD, CDU und den Grünen die Präsidentin, das Wissenschaftsministerium will erst das Gutachten des Zentrums für Antisemitismusforschung an der TU Berlin abwarten, bevor es über eine zweite Amtszeit von Dienel entscheidet.

Uni oder Hassfabrik?

Den Rücktritt ihrer Dekanin begrüßte Dienel nun als „richtig und unvermeidbar“. Sie will nichts davon gewusst haben, dass Antisemitismus an ihrer Hochschule verbreitet wird. Dabei war sie nachweislich bereits im Jahr 2011 von der deutschen Sektion der Akademikervereinigung „Scholars for Peace in the Middle East“ in einer E-Mail darüber informiert worden, welche Inhalte in dem Seminar zur „sozialen Lage der Jugendlichen in Palästina“ gelehrt werden.

Auf einer Podiumsdiskussion im September bestritt sie gleichwohl, Kenntnis von dem Schreiben gehabt zu haben. Später räumte sie jedoch ein, die Mail erhalten zu haben, und rechtfertigte sich mit der bemerkenswerten Begründung, sie habe sie nicht in Gänze gelesen, da sie generell nicht alle Anhänge von E-Mails öffne. Nicht nur diese absurde Ausrede macht deutlich, dass eine weitere Konsequenz längst überfällig ist: Auch Christiane Dienel muss zurücktreten.

Ein weiterer Skandal im Bildungswesen findet derzeit an der Integrierten Gesamtschule Flötenteich in Oldenburg statt. Der dort beschäftigte Lehrer Christoph Glanz ist ein radikaler Aktivist der weltweiten BDS-Kampagne, die für Boykotte, einen Kapitalabzug und Sanktionen gegenüber Israel eintritt – BDS steht für Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen für Palästina.

Öffentlich vertritt Glanz beispielsweise die Idee, den jüdischen Staat aufzulösen und nach Baden-Württemberg zu verlegen – ein Vorschlag, den auch der frühere iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad unterbreitet hat. Im Rahmen eines Holocaust-Erinnerungstages an seiner Schule im Jahr 2013 behauptete Glanz zudem, Israel begehe einen Völkermord an den Palästinensern.

Ob er auch weiterhin israelfeindliche und antisemitische Gedanken an seiner Schule verbreiten darf, ist eine Frage, die nun die Landesschulbehörde Niedersachsen klärt. Sie hat jetzt eine entsprechende Untersuchung eingeleitet.

In Deutschland tut man sich nach wie vor schwer mit der Einsicht, dass der Antisemitismus nicht nur von Rechtsextremisten kommt, sondern teilweise sogar von Lehrern und Hochschuldozenten. Umso erfreulicher sind daher klare Positionierungen wie etwa von Michael Höntsch, dem Beauftragten der niedersächsischen SPD-Landtagsfraktion im Kampf gegen rechts, und Michaela Engelmeier, einer sozialdemokratischen Bundestagsabgeordneten. Beide bezeichneten Christoph Glanz unumwunden als „Rassisten und Antisemiten“.

Bremen bleibt Hochburg

Bremen dagegen bleibt eine Hochburg der antisemitischen BDS-Bewegung, auch wenn Bremens Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) sagt, seine Stadt lehne „einen solchen Boykott ab“ und verurteile „jede Form von Antisemitismus und Fremdenhass“. Doch die Villa Ichon, in der das „Bremer Friedensforum“ regelmäßig für die BDS-Kampagne wirbt und einen Boykott israelischer Waren fordert, wird weiterhin von der Stadt subventioniert.

Würden Sieling und seine Regierung die Bekämpfung des Antisemitismus ernst nehmen, dann müssten sie die Kooperation mit dem „Friedensforum“ sofort beenden und klar benennen, worum es sich bei dieser Gruppierung handelt: einen antisemitischen Verein.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

48, ist Europa-Korrespondent der Jerusalem Post und wissenschaftlicher Mitarbeiter der Foundation for Defense of Democracies.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.