Filmkomödie „Weissagung“ auf Arte: Geht gut ohne Schweighöfer

Hübsch, charmant und lustig: Komödien können die Franzosen. Das zeigt auch der Arte-Film „Weissagung“ mit Manu Payet in der Hauptrolle.

Eine Frau im ärmellosen weißen Kleid sitzt nachdenklich an einem gedeckten Tisch

Hélène wohnt und trinkt mit Paul Foto: Arte

Maren Ades „Toni Erdmann“ kam also in Cannes und danach in Frankreich sehr gut an. Für eine deutsche Komödie ist das ein Novum. Wenn Franzosen sich für deutsches Kino interessiert haben, dann waren das in der Vergangenheit Fassbinder und später Christian Petzold. Schwergewichte. Nicht Leichtgewichte à la Til Schweiger und sein Meisterschüler Matthias Schweighöfer. Das Bemerkenswerte: Umgekehrt verhält es sich genau andersherum, hierzulande trifft das französische Komödienschaffen auf ein dankbares Publikum.

Haben nun die Franzosen den besseren Geschmack, den universelleren Humor oder beides? Liegt’s am Publikum oder an den Filmen?

Zum Beispiel „Die Weissagung“, heute Abend im Arte-Programm. Hätte man ihm nicht verraten, dass es sich um eine Oscar-Wilde-Adaption handelt, dann wäre Matthias Schweighöfer vielleicht sogar für die Hauptrolle zu haben gewesen. Man kann ihn sich jedenfalls ganz gut vorstellen in der Rolle des Grafikers, der gerade entschieden hat auf Smartphone und soziale Netzwerke künftig zu verzichten: „Was mich das an Zeit gekostet hat, das war echt der Wahnsinn!“ „Wahnsinn“ sagt Schweighöfer in seinen Filmen ja ungefähr so oft wie Markus Lanz in seinen Sendungen.

„Die Weissagung“, Regie: Manuel Schapira. Freitag, 20.15 Uhr, Arte.

Und eine der Posen, die er am besten kann, ist die des großen Jungen, der große Augen macht.Nun ist „Die Weissagung“ aber kein deutscher, sondern ein französischer Film (Regie: Manuel Schapira). Den Grafiker Paul gibt Manu Payet. Der kann auch sehr große Augen machen – beim Slapstick drumherum hält er sich zurück. Payet ist in Deutschland ungefähr so unbekannt wie Schweighöfer in Frankreich.

Paul steht im Wald

Der Film beginnt – internationaler Standard – mit einer Vorausblende. Paul ist da mit einem Scharfschützengewehr im Wald zu sehen. Gleich danach lernt der Zuschauer ihn als den freiberuflichen Grafiker – nicht Profikiller – in Paris kennen, wo er in einer Langzeit-WG mit Hélène (Laëtitia Spigarelli) lebt, die in Liebesdingen so wenig Glück hat wie Paul. Wie ist Paul nur da in den Wald gekommen?

Paul und Hélène geben eine Party. Paul findet das albern, aber bitte, eine Bekannte liest aus seiner Hand: „Du lernst jemanden kennen. […] Eine sehr schöne Frau. Ja, wunderschön. Das Ganze wird sehr intensiv. Du verliebst dich richtig stark.“ Die Gelegenheitswahrsagerin muss dann sehr plötzlich aufbrechen. Paul ist sich sicher, sie hat noch etwas gesehen, er rennt ihr hinterher: „Du wirst jemanden töten. Ja, töten.“ „Was?“ „Du lernst jemanden kennen. Dann tötest du jemanden.“

Hélènes Verpeiltheit ist charmant, wie man es vom französischen Film kennt

Natürlich lernt Paul umgehend eine schöne Frau kennen. Mehrmals werden jetzt kleine Unachtsamkeiten Pauls für andere Menschen lebensgefährlich. Spätestens als ihm um Haaresbreite der Föhn in die Badewanne mit der schönen Frau darin fällt, beginnt er „Die Weissagung“ ernst zu nehmen. Hélène nimmt Paul nicht ernst. Sie hat da eine Idee, die sie gar nicht ernst meint: „Du tötest einen und kommst so der Voraussage zuvor!“ Und die Dinge nehmen ihren Lauf …

So wenig neu einem die Geschichte vorkommt – die Vorlage stammt, wie gesagt, von Oscar Wilde – so hübsch ist sie umgesetzt. Da gibt es etwa eine beschwingte Sequenz, die Paul und Hélène am Morgen beim Aufstehen beobachtet: die zeigt, wie wunderbar sie aufeinander eingespielt sind, mehr als manches Ehepaar.

Nennen wir es „charmant“

Das und auch Hélènes patente Verpeiltheit sind auf eine Weise … charmant, wie wir Deutsche uns den französischen Film so ausmalen. Vielleicht. Matthias Schweighöfer und Nora Tschirner könnten das aber auch hinbekommen.

Aber vielleicht entspricht „charmant“ ja so wenig dem Bild der Franzosen von Deutschland wie „humorvoll“? Bestimmt ist „Toni Erdmann“ ein brillanter Film. Bestimmt ist seine von Sandra Hüller gespielte weibliche Heldin nicht „charmant“. Vielleicht entspricht ihre Sprödigkeit, ihre Schwermut, ihr von Vergangenheit aufgeladenes Verhältnis zu ihrem Vater genau dem Bild, das sich Franzosen von Deutschland machen.

Vielleicht ist „Toni Erdmann“ auch einfach nur ein brillanter Film und „Die Weissagung“ eine ganz lustige Komödie.

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