Bio-Siegel der EU: Lammopfer für den Biolachs

Der Ökofisch ist für Norwegen ein wichtiges Exportgut. Deshalb beugt Oslo sich dem Druck der EU und verschärft die Regeln für Bio-Schafzüchter.

Lachs in einer Verkaufstheke

Darf jetzt wieder Bio sein: Lachs aus Norwegen Foto: dpa

STOCKHOLM taz | Oslo gibt auf. 669 norwegische Schafzüchter sollen ihre Ställe umbauen, damit das Land wieder Biozuchtlachs in die EU exportieren darf.

„Es gab keine Möglichkeit, das Problem anders zu lösen“, erklärt Landwirtschaftsminister Jon Georg Dale. Er habe bei der EU-Kommission kein Gehör für sein Argument gefunden, dass die EU-Regeln auf norwegische Verhältnisse nicht passen: „Deshalb sind wir gezwungen zu priorisieren. Und da wiegen die Exportinteressen der Lachswirtschaft natürlich schwer.“ Konkret liegen 16.000 Tonnen Biolachs auf der einen und 600 Tonnen Biolamm auf der anderen Waagschale.

Der Streit über Biolämmer und Biolachse ist so eine Geschichte, die Norwegens „Volksbewegung gegen die EU“ sicher aufgreift, wenn sie eine neue Liste präsentiert, welche Auswüchse die EU-Bürokratie auf Norwegen hat, das der Union im Europäischen Wirtschaftsraum verbunden ist.

An norwegischem Biolachs hat Brüssel nämlich nichts auszusetzen. Der wird so produziert, wie die EU das vorschreibt. Aber bei der Haltung von Bioschafen hält sich Norwegen teilweise nicht an EU-Ökoverordnungen. Während die EU vorschreibt, dass der Boden auf mindestens der halben Stallfläche vollständig bedeckt und mit Stroh bestreut sein muss, erlaubt Norwegen Stallböden, die durchgängig Spalten aufweisen, durch die Exkremente fallen können.

Ganz oder gar nicht

Das Problem: Übernimmt ein Land die EU-Bioverordnung nicht als Ganzes, kann keines der dortigen Bioprodukte das EU-Ökosiegel für sich reklamieren: Norwegens Bioschafe blockieren also den Biolachs.

Die Tageszeitung Nationen hält diese „EU-Peinlichkeit“ für ebenso „tragisch wie absurd“. In einem Kommentar schlug sie vor, das Sprichwort von den Äpfeln und Birnen, die man nicht in einen Korb werfen dürfe, in Zukunft durch eins über „sau og laks“ – Schafe und Lachse – zu ersetzen. Offenbar verstehe man in Brüssel nicht, dass es zwischen Arktis und Mittelmeer naturbedingt unterschiedliche Produktionsbedingungen gebe.

Norwegischer Bauernverband

„„Nur weil die EU blind ihre Macht durchdrücken will“

Die meisten Schafzuchtbetriebe liegen in West- und Nordnorwegen. Auf den kargen Böden wächst kein Getreide, und deshalb ist Stroh rar. Der Spaltenboden sorgt dafür, dass es die Schafe trotzdem trocken und sauber haben.

Schafzüchter fürchten Bankrott

Die Schafzüchter fühlen sich nun als Bauernopfer: Er kenne viele Schafzüchter, die es mit Stroh versucht, aber nach einigen Jahren wieder umgestellt hätten, meint Kåre Rudningen, Veterinär und selbst Bioschafbauer: Das vorgeschriebene System funktioniere unter norwegischen Bedingungen nicht. Deshalb würden die neuen Regeln wohl dazu führen, dass Landwirte gezwungen wären, das Lammfleisch als konventionelles zu verkaufen – was die Erträge verringern würde.

Der norwegische Bauernverband Norges Bondelag glaubt, „dass viele die ökologische Produktion einstellen“. Generalsekretär Per Skorge sagt auch Konkurse voraus: „Nur weil die EU blind ihre Macht durchdrücken will.“

Ganz unmöglich dürfte es aber nicht sein, EU-Tierschutzvorschriften und norwegische Produktionsbedingungen doch unter einen Hut zu bringen: Derzeit testen einzelne Schafbauern Spaltenböden aus flexiblen Kompositwerkstoffen, auf dem Schafe angenehmer liegen können als auf den jetzt gebräuchlichen Gitterböden, und Hackschnitzel als Alternative zum Strohbelag.

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