Kommentar Unesco-Resolution zu Israel: Der Tempelberg kann warten

Die Unesco will dabei helfen, palästinensisches Kulturgut vor Israels Regierung zu schützen. Viel akuter wäre jedoch das Thema „Siedlungspolitik“.

Ein Palästinenser hebt die Hände vor dem Tempelberg

Obwohl es auch in Jerusalems Altstadt permanent Spannungen gibt Foto: imago/ZUMA Press

Manch einer mag in der Schule nicht gut aufgepasst haben. Wer dem Judenstaat eine Verbindung zum Tempelberg und der Klagemauer abstreitet, der hat vermutlich auch von Jesus noch nie etwas gehört. Ausgerechnet die weltweit für das Kulturerbe zuständige Unesco bekleckert sich nun nicht mit Ruhm, indem sie die von mehreren arabischen Ländern eingereichte Resolution zum Schutz palästinensischen Kulturguts nicht auf die korrekte Wortwahl prüfte, bevor sie sie billigte.

Die Entscheidung in Paris ist kontraproduktiv. Nicht nur dass die Kritik an Israel schlampig daherkommt – auch an welcher Stelle die Unesco ansetzt, ist unsinnig. Erst seit Israel die Kontrolle über die Altstadt hat, steht Anhängern der drei Religionen der Zugang zu ihren heiligen Stätten grundsätzlich offen.

Ohne Zweifel könnten Israels Regierung und Sicherheitsapparat noch mehr unternehmen, um die Spannungen zwischen Juden und Arabern in Jerusalems Altstadt zu lockern. Recht unproportional ist dennoch die Kritik am Besatzer und seinen Versäumnissen rings um den Tempelberg.

Palästinenser, muslimische Nachbarstaaten und nun auch die Unesco erschlagen einen Floh mit dem Vorschlaghammer, während nur ein paar Meter entfernt viel größere Ungemach vor sich geht. Vor den Mauern der Altstadt werden Familien vertrieben und ihre Häuser vom Abriss bedroht. Immer mehr Siedler machen sich breit im palästinensischen Silwan, einem Stadtteil von Ostjerusalem.

Nachvollziehbar wird die Entscheidung der Unesco allein aufgrund der politischen Atmosphäre, der Enttäuschung über Israels konservative Regierung und des Wunschs, die Palästinenser zu ermutigen auf ihrem Weg des friedlichen Widerstands per Hilferuf an die internationale Gemeinschaft. Doch der Tempelberg kann warten. Akut gilt es, die Siedlungspolitik anzuklagen und einen Konflikt zwischen Juden und Arabern im besetzten Land zu stoppen.

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1961 in Berlin geboren und seit 2021 Co-Leiterin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.

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