Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Die Grünen-Homepage sieht aus wie von der FDP gehackt, Weidmannsgeil für „Reichsbürger“ in Bayern und Touri-Schwindel um Eva Braun.

Männerbeine in bestickten Traditionssocken, davor stehen Gewehr

Keine Waffen für „Reichsbürger“ – dubiose Sportschützen, Jäger und Unterförster verschönen die CSU Foto: imago/argum

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: SPD tut so, als hätte sie noch einen zweiten guten Außenminister im Keller des Brandt-Hauses versteckt.

Was wird besser in dieser?

CSU-Stimme der Vernunft Scheuer warnt: Steinmeier solle nicht Bundespräsident werden, sondern „seinen Job als Außenminister machen“.

Die selbst ernannten Reichsbürger sind plötzlich gefährlich. Trifft die Sache auch Sie völlig aus dem Nichts?

Der Mann hatte 31 Feuerwaffen daheim; er müsste nicht eigens noch Amish-Nazi werden, um Besorgnis zu erregen. Auch das SEK der Bayerischen Polizei schaute wegen dessen „Unzuverlässigkeit als Waffenbesitzer“ vorbei. „Unser Ziel ist es, allen Reichsbürgern, die legal eine Waffe besitzen, ihre Waffenerlaubnisse zu entziehen“, sagt nun Bayerns Innenminister Herrmann. Waidmannsgeil! Da kann der Bundesbürger beruhigt ballern, und die CSU dubiose Sportschützen, Jäger, Horrido-Erotiker und verstrahlte Unterförster verschonen.

Auch in Sachsen-Anhalt und Baden-Württemberg gab es „Vorfälle“ mit „Reichsbürgern“. Der „extremistische Anteil“ rangiere „im unteren dreistelligen Bereich“, antwortete die Bundesregierung der Linken 2012. Der Rest hat einen stattlichen Reichsjagdschein und den Vorzug, ungefähr pro „Reichsbürger“ drei wirklich wahre Nachfolgereiche zu gründen. Hochgerüstete „Reichsbürger“ wie auch der Polizistenmord in Georgensmünd werfen die Frage auf, warum aus ideologiefreien Amokläufen bisher nicht genug gelernt wurde.

Die Grünen suchen in einer Roadshow ihr SpitzenkandidatInnen-Duo für die Bundestagswahl. Ihre FavoritInnen?

Magenta, Hellblau, Gelb – die grüne Homepage sieht aus wie frisch von der FDP gehackt. Der Text umjubelt die grüne Urwahl 2012 als „Erfolgsmodell“. Damals wählten knapp 62 Prozent der 60.000 Mitglieder Karin Göring-Eckardt und Jürgen Trittin aus, sich die Klatsche als kleinste Oppositionspartei abzuholen. Nach den Proporzkriterien Ost-West, links-rechts, Mann-Frau, Krakeel oder Kirchentag, wäre eine undemokratische Findungskommission stolz gewesen, dasselbe Ergebnis zu präsentieren. Was die Frage aufwirft, ob die Grünenspitze schwarmdumm oder die Basis schwarmintelligent ist. Jedenfalls: Mit KGE und Trittin wurden die Grünen abgestraft für eine Bewerbung ohne Angebot: Rot-Grün war aussichtslos, Schwarz-Grün nicht mehrheitlich gewollt und R2G nicht vorbereitet.

Schwarz-Grün ist ein bisschen wie mit 30 wieder bei den Eltern einziehen. Rot-RotGrün ist ein gesellschaftliches Projekt, eine „vereinte Linke“, jedenfalls haben sie jetzt schon die Mehrheit im Bundestag. Im wohlverstandenen Sinne selbst der Schwarz-Grünen braucht die Union dringend Auslauf in der Opposition, um sich zu entzuckern und der AfD Raum zu nehmen. Da KGE als einzige Frau antritt, ist sie durch, auch wenn sie ein wandelndes Schwarz-Grün-Risiko birgt. Das deutlichste Statement für Links-Grün wäre Hofreiter. Habeck ist fast so unbekannt wie Hofreiter, doch inhaltlich ungenauer. KGE & Özdemir wäre, sorry, Kitsch.

Ein einzelner Wallone verhindert fast das Freihandelsabkommen Ceta. Müssen wir alle mehr Wallonie wagen?

Im Hause Seehofer wird der eigene Hintern langsam zur Nationalspeise; ein hergelaufener südbelgischer Sozi zeigt der CSU, wie man mal ruhmmehrend den Laden aufhält: Man könnte sich in den Arsch beißen, wenn man könnte.

Erst sagte der österreichische Innenminister Hitlers Geburtshaus in Braunau am Inn werde „abgerissen“. Einen Tag später meinte er, dass man über den Begriff streiten könne: Das Haus werde so gründlich umgestaltet, dass es nicht mehr zu erkennen sein werde. Müssen wir das verstehen?

Unbedingt. Neulich schwatzte ich mit zwei liebenswürdigen kanadischen Touristen eine Bahnfahrt lang; sie hatten den Obersalzberg besucht und einander mit dem iPhone in etwas fotografiert, das sie alpenfelsenfest für „Eva Brauns Schlafzimmer“ hielten. Mit Mühe bezähmte ich den deutschen Besserwisser und den pathologischen Bayernverlacher in mir und verriet ihnen nicht, dass der Berghof 1952 gesprengt wurde und sie einem Tourischwindel aufgesessen sein dürften. Selfies vor Hitlers Geburtshaus wird es also auch Jahrzehnte nach dessen Abriss noch geben.

Und Aleppo?

Gute Frage. Noch eine: Und wo ist das Jalta für Aleppo?

Und was machen die Borussen?

Trainer Tuchel wurde kritisiert, weil er über Verletzungen lamentiere und doch über sehr viele hochrangige Reservisten verfüge. Nun baut er eine Mannschaft aus diesen Reservisten – und scheitert fast. Alles richtig gemacht.

FRAGEN: JFR, AW

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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