Kolumne Nullen und Einsen: So schön bequem da

Wer ist Schuld am Trump-Sieg? Klar, Facebook – das ist schön einfach und vor allem: stimmt immer. Aber eben auch nicht wirklich.

Will mit dem Wahlsieg von Trump nichts zu tun haben: Mark Zuckerberg Foto: Peter Dasilva/dpa

Trump wird Präsident – und bevor das ganze Ausmaß dieser Katastrophe richtig einsickert, sucht man erst mal die Schuldigen. Schockreflex. Besonders gern zeigt man dieser Tage auf: Facebook (wenn der Finger nicht gerade auf den Wahlprognosen, dem FBI-Chef, elitären Linken oder Breitbartruht). Der Vorteil von Facebook als Erklärung ist: stimmt fast immer – schließlich haben die USA mehr Facebook-Nutzer als Wähler. Und 44 Prozent aller erwachsenen US-Amerikaner geben an, ihre Nachrichten über Facebook zu beziehen.

Neu ist das nicht: Facebook ist es natürlich wumpe, welchen Content sie an Mann und Frau bringen, Hauptsache, die Leute klicken. Weswegen Content unbesehen in Trending Topics und Timeline gespült wird – egal, ob es sich um seriöse Faktenchecks oder hanebüchene Falschmeldungen handelt.

Ein Grund von vielen, warum wir zunehmend in eine Art „Turmbau zu Babel“-Situation reinschlittern, in der eine Verständigung jenseits der eigenen Peer Group nicht mehr möglich scheint. Weil jeder nur die Angaben glaubt, die ihm ins Weltbild passen. Oder, wie man im Bescheidwissersprech jetzt sagt: postfaktisches Zeitalter.

Facebook geht es primär um das Verkaufen von Werbung und das Sammeln möglichst vieler Datenpünktchen über ihre Nutzer. Die Firma hat keine Skrupel gezeigt, den Newsfeed ihrer Nutzer zu frisieren, um positive oder negative Emotionen zu stimulieren. Facebooks Algorithmen begünstigen das Entstehen von Echokammern und Filterblasen, in denen die Leute nur noch Inhalte sehen, die ihrer Meinung entsprechen – und sich so potenziell radikalisieren.

Und sie reagieren nicht einmal ansatzweise so entschieden auf Hassbotschaften wie auf blanke Nippel. Kritisiert man, was für einen Quatsch sie in ihren Trending-Topics auflisten, feuern sie die dafür zuständigen Redakteure und lassen Algorithmen übernehmen. Und zeigten schon bei vergangenen US-Wahlen, wie sie Hunderttausende zusätzliche Wähler zur Stimmabgabe motivieren können.

Die Verantwortung für die Macht zu übernehmen, die aus alledem erwächst, davor weigert sich Facebook allerdings. So auch jetzt: Chef Zuckerberg etwa stellte sich nach der Wahl ganz arglos, indem er es als „ziemlich verrückte Idee“ bezeichnete, dass falsche News auf Facebook die US-Wahl beeinflusst hätten.

Dass man jetzt Seiten, die Falschmeldungen verbreiten, nicht mehr werben lassen will, klingt ja nett. Mehr als Kosmetik ist das aber nicht. Schon klar, dass Facebook in einer Zwickmühle steckt: Einerseits soll es inhaltliche Eingriffe vornehmen, andererseits die Grenze zur Zensur nicht überschreiten. Nur: Dass es nicht die beste Idee ist, den Konzern einfach mal machen zu lassen, hat spätestens die US-Wahl gezeigt.

Am Ende ist es aber so banal wie folgenlos: Mächtig sind soziale Netzwerke, weil wir sie mächtig machen. Mögen manche einwenden, dass schon der Beruf sie zwinge, dort angemeldet zu sein – es privat zu nutzen, sich darüber Nachrichten einspielen zu lassen, dazu zwingt einen niemand. Das ist pure Bequemlichkeit. Die man – willkommen im postfaktischen Zeitalter – noch einmal gut überdenken sollte.

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