Sigmar Gabriel als Buch: Der gute Populist

Exkanzler Schröder stellt die Biografie von Vielleicht-Kanzlerkandidat Gabriel vor. Und lobt ihn dabei überschwänglich.

Gerhard Schröder vor Gabriel-Bild

Altkanzler vor dem Abbild des Nichtkanzlers Foto: dpa

BERLIN taz | An diesem einen Tag ist es fast noch einmal wie früher. Gerhard Schröder platzt beinahe vor guter Laune, zufrieden mit der Welt und sich selbst. Dem SPD-Parteivorsitzenden Gabriel ist ein veritabler Coup gelungen, indem er Außenminister Frank-Walter Steinmeier als voraussichtlich nächsten Bundespräsidenten durchgesetzt hat. Da wirkt es fast wie eine Fügung, dass zeitgleich zu Gabriels Pressekonferenz in Sachen Bundespräsident Gerhard Schröder die erste Gabriel-Biografie vorstellt. „Patron und Provokateur“ heißt sie im Untertitel, und das Interesse ist groß.

Natürlich ist Schröder höchst zufrieden mit der Nominierung seines alten Vertrauten Steinmeier, der sei der Beste, den man für das Amt hätte kriegen können. Und auch die Art, wie Gabriel ihn durchgesetzt hat, gefällt dem Exkanzler sichtlich. Respekt für den Zocker Gabriel, der den richtigen Riecher für den perfekten Zeitpunkt hatte, als er sich mit der Personalie aus der Deckung wagte.

Welch großes politisches Talent der Sigmar ist, will Schröder schon bemerkt haben, als er ihn einst im Alter von gerade mal dreißig Jahren kennenlernte. Und natürlich sei er auch ein Provokateur, aber auf eine gute Art. Die Kritik seiner Biografen, Gabriel sei unstetig und unberechenbar, lässt Schröder nicht gelten. Gabriel sei zwar unbestreitbar wendig, aber „Angst haben müssen wir vor Politikern, die niemals ihre Meinung ändern“. Und in seinen ursozialdemokratischen Grundüberzeugungen sei Gabriel standhaft. Moment – Gabriel hat ursozialdemokratische Grundüberzeugungen? Möglicherweise ist Schröder die Jubelstimmung dann doch ein bisschen zu Kopf gestiegen.

Bei der Frage, ob er Gabriel als Kanzlerkandidaten sehe, schweigt der Exkanzler eisern. Er habe sich geschworen, der Partei nicht hineinzureden. Gabriel-Biograf Daniel Sturm wagt sich da weiter vor: Wenn Gabriel weiter Parteivorsitzender bleiben wolle, müsse er jetzt eigentlich zugreifen. Dass er dazu geeignet sei, daran lässt Schröder aber keinen Zweifel. Er lobt ihn als „demokratischen Populisten, der dem Volk im positiven Sinne aufs Maul schaut“. Wichtig gerade jetzt, wo überall der undemokratische Populismus erstarke.

Welch großes politisches Talent der Sigmar ist, will Schröder schon sehr früh bemerkt haben

Außerdem habe Gabriel die Partei in schwierigen Zeiten übernommen und gezeigt, dass er sie einigen könne. Da hat Schröder es fast schon geschafft, den Eindruck zu erwecken, seine Sozialdemokraten seien die unangefochtenen Herrscher des Landes.

120 Weggefährten und Widersacher von Gabriel haben die Biografen befragt und festgestellt, dass er in seiner Heimat Goslar parteiübergreifend nahezu verehrt wird. Vielleicht die treffendste Charakterisierung des Mannes, der auf dem besten Weg ist, die SPD sicher unter die Zwanzigprozentmarke zu führen: Immerhin ist er big in Goslar.

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