Sunny Riedel über Kopftücher in Kitas
: Keine Angst vorm Kopftuch!

Kinder haben in Deutschland das Recht auf Schutz vor Missionierung. Kein Kind darf in einer staatlichen Einrichtung zum Beten angehalten, gegen seinen oder den Willen der Eltern in die Kirche geschleppt oder mit Vorträgen über den „wahren Glauben“ konfrontiert werden. Dennoch sind Weihnachtslieder, Sankt-Martins-Umzüge oder auch Ostern fester Bestandteil der Kindertagesstätten. Kaum jemand sieht hier Missionierung am Werk.

Beim islamischen Kopftuch werden jedoch andere Maßstäbe angesetzt. Müssen Eltern akzeptieren, dass ihre Kinder als normal wahrnehmen, was sie selbst vielleicht ablehnen? Kleine Kinder imitieren unhinterfragt. Doch eine komplette Kontrolle dessen, was sie möglicherweise beeinflusst, ist weder realistisch noch erstrebenswert.

Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts, der es einer Erzieherin in Baden-Württemberg nun erlaubt, ihren Beruf auch mit Kopfbedeckung auszuüben, hat das Recht auf Glaubens- und Gewissensfreiheit höher bewertet. Mit der Begründung, das Kopftuch sei in Deutschland üblich und „spiegelt sich im gesellschaftlichen Alltag vielfach wider“.

Die Entscheidung ist vor allem deshalb richtig, weil sie die Lebensrealität Zehntausender Familien anerkennt. Wenn an Elternabenden reihenweise Mütter mit Kopftuch sitzen, in der Kita diese aber maximal als Putzfrau vorkommen, ist das ausgrenzend. Muslimische Kinder, deren Mutter, Tante, Cousine Kopftuch tragen, sollten nicht nur früh erleben, dass ihre Familien Teil der Gesellschaft sind. Sie sollen auch erfahren, dass Frauen – mit oder ohne Kopftuch – Autoritätspersonen sein können, deren Aufforderungen von allen Jungen und Mädchen Folge zu leisten ist.

Mehr Vielfalt in Kitas und Kindergärten wäre generell wichtig, damit Kinder und ihre Familien sich repräsentiert fühlen. Denn Kinder kriegen Bewertungen von Merkmalen sehr früh mit. Und sie lernen auch viel, wenn Menschen nicht sichtbar sind.

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