Asylpolitik in Dänemark: Problem ausgelagert

Die Regierung setzt sich für Flüchtlingszentren außerhalb der EU-Grenzen ein. Der Flüchtlingsschutz durch nationale Systeme würde dann entfallen.

Auf einer Treppe, die von einem Zug wegführt, stauen sich Menschen

Die Aufnahme der Flüchtlinge soll weit weg verlagert werden Foto: reuters

STOCKHOLM taz | Mehrere Flüchtlingshilfeorganisationen und MigrationsforscherInnen haben es vorgeschlagen und im letzten Jahr auch der damalige Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Manfred Schmidt: Flüchtlinge sollten ihren Asylantrag nicht erst nach Einreise in die EU-Staaten, sondern schon außerhalb der EU-Grenzen stellen können. Nun hat Dänemarks neue Regierung angekündigt, sich für die Verwirklichung eines solchen Modells einsetzen zu wollen. Ziel sei es, den Druck von den europäischen Außengrenzen zu nehmen und den Schmugglern ihr Handwerk legen.

„Die Regierung will zusammen mit gleichgesinnten europäischen Partnern für ein System arbeiten, bei dem man Asyl von einem Drittland aus und nicht erst an den EU-Binnengrenzen sucht“, heißt es im Programm der Koalition aus Rechtsliberalen und Konservativen. Von 88 Seiten widmen sich allerdings gerade einmal sechs Zeilen dem „neuen Asylsystem“. „Natürlich ist mir klar, dass das eine Menge Fragen aufwirft“, betonte die altneue Migrationsministerin Inger Støjberg. Ohne aber viel konkreter zu werden: „Asylbewerber, die Geld und andere bessere Voraussetzungen haben, sollen eben keine Vorteile gegenüber den anderen haben, und den Menschenhändlern soll die Grundlage für ihr zynisches Geschäftsmodell entzogen werden.“ Die „Flüchtlingskrise“ des vergangenes Jahres habe zur Genüge demonstriert, „dass es notwendig ist, an einer besseren Lösung als der bisherigen zu arbeiten“, erklärte Støiberg.

Eigentlich sei das ein grundsätzlich positiver Ansatz, meint Thomas Gammeltoft-Hansen, Forschungsdirektor am schwedischen „Raoul Wallenberg Institut für Menschenrechte“, der ein scharfer Kritiker der dänischen Abschottungspolitik war. Entscheidend sei allerdings, wie Kopenhagen ein solches System praktisch umsetze. Grundvoraussetzung sei, dass die reichen Länder in viel größerem Maße die Transit- und Nachbarländer entlasten müssten, die jetzt die Hauptlast von Flucht und Migration tragen. Die EU müsse ein funktionierendes gemeinsames Aufnahmesystem entwickeln und unter dem Strich werde dann beispielsweise Dänemark vermutlich mehr Flüchtlinge aufnehmen müssen. Was seiner bisherigen Asylpolitik völlig widersprechen würde.

Von einem „sympathischen Gedanken“ spricht Andreas Kamm, Generalsekretär der Flüchtlingsorganisation „Dansk Flygtningehjælp“: „Aber wie soll das praktisch gehen?“ Voraussetzung sei eine Solidarität innerhalb der EU, an der es bislang völlig fehle: „Das wird eine verdammt lange Warteschlange geben.“

Programm der RegierunGskoalition

„Ein System, bei dem man Asyl von einem Drittland aus sucht“

Martin Lemberg-Pedersen, der an der Universität Aalborg über globale Fluchtbewegungen forscht, lehnt den Vorschlag ab: er sei „schlimmer als heiße Luft“. Mit den aus Europa ausgelagerten Asylbehörden solle offenbar der Schutz durch die bisherigen nationalen Asylrechtssysteme ausgehebelt werden.

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