Neurechter auf Podiumsdiskussion: Bühne für Götz Kubitschek

In Sachsen-Anhalt wollte CDU-Innenminister Stahlknecht mit dem Neurechten auf einem Podium diskutieren. In der Koalition entbrannte Streit.

Holger Stahlknecht guckt ernst

Wollte eigentlich reden: Holger Stahlknecht Foto: dpa

BERLIN taz | „Ungeschönt und hitzig“ soll es werden, so kündigt das Theater Magdeburg seinen „Politischen Salon“ am 19. Januar an. Das dürfte eingelöst werden: Denn auf dem Podium „Rechtsruck in Sachsen-Anhalt und Europa“ sollen Holger Stahlknecht (CDU), Innenminister von Sachsen-Anhalt, und der neurechte Vordenker Götz Kubitschek sitzen.

Es wäre eine Premiere – und ein Tabubruch. Erstmals würde ein völkischer Ideologe mit einem Minister auf staatlicher Bühne diskutieren. Kubitschek ist der prominenteste Vertreter dieser weit rechten Strömung. Von einem Rittergut aus vertreibt er Szeneschriften, lädt Gleichgesinnte zu Akademien ein. Darunter sind immer wieder Personen, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden – wie die Identitären. Kubitschek selbst tritt für eine rechte „Kulturrevolution“ ein.

In der Koalition aus CDU, SPD und Grünen in Sachsen-Anhalt sorgt der Stahlknecht-Auftritt für Streit. „Einigermaßen fassungslos“ sei er, sagt SPD-Landeschef Burkhard Lischka. Kubitschek werde vom Verfassungsschutz beobachtet, „rechte Burschenschaftler, Identitäre, Holocaustleugner und Neonazis“ träfen sich auf seinem Rittergut. „Diesen Rechtsextremen darf man keine Bühne bieten. Eine politische Aufwertung, wie sie Stahlknecht praktizieren will, verbietet sich von selbst.“

Auch der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Sebastian Striegel, kritisierte, dass man „jemandem, der sich eine Systemüberwindung zum Ziel setzt, ohne Not eine staatliche Bühne bietet“.

Stahlknecht verteidigt seinen Auftritt. „Wir müssen den kritischen Diskurs mit solchen Positionen, für die Herr Kubitschek steht, suchen“, sagte er der taz. Dies gelte auch mit Blick auf den Wahlerfolg der AfD in Sachsen-Anhalt. Mitnichten teile er diese Positionen. Er wolle sie jedoch in der Auseinandersetzung entlarven und aufzeigen, welche Gefahren sie für eine demokratische Gesellschaft darstellten.

Theater Magdeburg

„Ignoranz allein aber trägt nicht zum Verschwinden der Probleme bei.“

Auch das Theater Magdeburg verteidigte seine Veranstaltung. Man sei sich „in vollem Umfang bewusst“, dass Kubitschek ein „hochgradig kritikwürdiger Ideologe“ sei, sagte eine Sprecherin. „Ignoranz allein aber trägt nicht zum Verschwinden der Probleme bei.“ Man werde eine Selbstdarstellung Kubitscheks „in die Schranken weisen“ und suche die „kritische Auseinandersetzung“.

Am Nachmittag zog Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) die Reißleine: Stahlknecht werde an der Veranstaltung nicht teilnehmen, sagte ein Sprecher. „Die Auseinandersetzung mit rechten Ideologien muss sicherlich offensiv geführt werden.“ Das vom Theater vorgeschlagene Format sei dafür aber „weniger geeinigt“.

Kubitschek machte schon vor Jahren klar, was er von solchen Diskussionen hält. 2007 schrieb er in seinem Buch „Provokation“: „Uns liegt nicht viel daran, dass Ihr unseren Vorsatz versteht. Wozu sich auf ein Gespräch einlassen?“ Diese Mittel seien aufgebraucht, so Kubitschek. „Von der Ernsthaftigkeit unseres Tuns wird Euch kein Wort überzeugen, sondern bloß ein Schlag ins Gesicht.“

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